Die Zeichen standen auf Verteidigung, von Anfang an. Als Mitglieder und Gäste der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER) am Montag in Berlin über die Beschneidung diskutierten, ging es vor allem darum, das Recht auf Beschneidung gegen die Kritik in der Öffentlichkeit zu verteidigen.
Gleich in den einführenden Worten kam der Moderator der Diskussion, Roms Oberrabbiner Riccardo Di Segni, auf die Geschichte von Chanukka zu sprechen. Für Di Segni ist es auch eine Beschneidungsgeschichte: hier griechische Invasoren, die das Recht einschränken wollen, dort Juden, die ihre religiösen Gebote achten wollen. Damit war ein Argument angeklungen, das noch häufiger zu hören war: dass nämlich die Beschneidung dazu beiträgt, jüdische Identität zu wahren.
Religionsfreiheit Philip Carmel, Direktor für internationale Beziehungen der Europäischen Rabbinerkonferenz, warf Schlaglichter auf die Diskussionen zur Beschneidung in den europäischen Ländern. Seine Kurzformel: »Das Recht auf freie Religionsausübung ist nicht mehr heilig.« Kinder-, Tier- und Verbraucherrechte zählten mehr als religiöse Rechte. Wenn rechte Parteien in den europäischen Ländern gegen religiöse Pflichten wie die Beschneidung und die Schächtung einträten, dann richte sich ihre Aggression meist gegen Muslime. »Wir Juden bekommen nur den Kollateralschaden ab«, sagte Rabbiner Di Segni.
Josef Schuster, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und »im wirklichen Leben Arzt«, wie er formulierte, lobte das vom Bundestag beschlossene Gesetz. Bis zum sechsten Monat sei eine Beschneidung durch den Mohel möglich, danach müsse ein Arzt anwesend sein.
Verband Rabbiner Schlomo Hofmeister aus Wien stellte die kürzlich gegründete Union europäischer Beschneider (Union of Mohalim in Europe, UME) vor. Bereits seit 2007 sei die Gründung geplant gewesen, doch die Debatte in Deutschland habe als »Katalysator« gewirkt. Vorbild sei die britische Initiation Society gewesen, die es bereits seit 1745 gibt und der die zertifizierten Mohalim des Landes angehören.
Hofmeisters Organisation wolle europaweit Qualitätsstandards setzen und Mohalim über die Regeln des jeweiligen Landes informieren. Auch sei es wichtig, Eltern ärztliche Ansprechpartner zu vermitteln, die sich mit der Brit Mila auskennen. Nachblutungen, die vorkommen könnten, würden von Ärzten, die mit der Beschneidung nicht vertraut sind, als schwerwiegendes Problem angesehen. »Ärzte können Eltern terrorisieren«, sagte Hofmeister.
Rabbiner Elimelech Vanzetta betonte, welch starke Wechselwirkungen die Diskussionen in den europäischen Ländern hätten. Aufgrund der Entscheidung eines einzelnen deutschen Gerichts hätten plötzlich auch Ärzte in Österreich und der Schweiz Angst gehabt, Beschneidungen durchzuführen. So rief Vanzetta den Zuhörern zu: »Ihre Entscheidungen werden einen Einfluss auf die Kontinuität des jüdischen Lebens in Europa haben.«