USA

Prozessbeginn in Pittsburgh

Viereinhalb Jahre nach dem Synagogen-Massaker: Staatsanwaltschaft fordert Todesstrafe

von Tobias Kühn  08.06.2023 13:42 Uhr

Kurz nach der Tat am 28. Obtober 2018: »Tree of Life«-Synagoge in Pittsburgh Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com

Viereinhalb Jahre nach dem Synagogen-Massaker: Staatsanwaltschaft fordert Todesstrafe

von Tobias Kühn  08.06.2023 13:42 Uhr

Mehr als viereinhalb Jahre ist es her: Am Morgen des 27. Oktober 2018 betrat ein bewaffneter Mann die »Tree of Life«-Synagoge in Pittsburgh und erschoss elf Beter, die sich zum Schabbatgottesdienst versammelt hatten. Sechs Menschen wurden verwundet, darunter vier Polizisten. Es war einer der schlimmsten antisemitischen Angriffe in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

Am Dienstag vergangener Woche begann vor dem Bundesgericht in Pittsburgh der Prozess gegen den heute 50-jährigen Tatverdächtigen. Nach den Eröffnungsplädoyers und Zeugenaussagen wird im ersten Teil des Prozesses die Schuldfrage geklärt. Falls die Richter und Geschworenen den Angeklagten für schuldig befinden, wird im zweiten Teil des Verfahrens das Strafmaß festgelegt. Die Staatsanwaltschaft fordert die Todesstrafe.

massaker Wie amerikanische Medien berichten, sind die Fakten im Zusammenhang mit dem Massaker weitestgehend unstrittig. Beobachter gehen deshalb davon aus, dass sich der Prozess monatelang mit der Frage beschäftigen wird, ob der Angeklagte hingerichtet werden soll oder nicht.

Die Verteidiger des Angeklagten argumentieren, eine Reihe von psychiatrischen und neurologischen Tests sowie »bedeutende Ereignisse« in seinem Leben hätten ergeben, dass er an einer »schweren psychischen Erkrankung« leidet, zu der auch Schizophrenie gehört, zusätzlich zu »strukturellen und funktionellen Hirnschädigungen« und Epilepsie.

Die Anklage geht hingegen davon aus, dass der Tatverdächtige aus Hass gehandelt hat. Medienberichten zufolge war der Angeklagte in rechtsgerichteten Internet-Foren sehr aktiv und zeigte in seinen Beiträgen besondere Abscheu gegenüber Einwanderern und Juden. In mehreren Posts richtete er seinen Zorn gegen die amerikanisch-jüdische Organisation HIAS, die seit mehr als 140 Jahren Flüchtlingen in den Vereinigten Staaten hilft.

FLÜCHTLINGE Die Gemeinde in Pittsburgh, die sich zum Zeitpunkt der Tat in der Synagoge zum Gottesdienst versammelt hatte, war eine von Hunderten jüdischen Gemeinden in den USA, die eine Woche zuvor einen nationalen »Flüchtlings-Schabbat« gefeiert hatten. Wie die »New York Times« berichtete, hob der Tatverdächtige dies in seinen Online-Beiträgen kurz vor dem Massaker hervor. So schrieb er: »HIAS bringt gerne Invasoren ins Land, die unsere Leute töten. Ich kann nicht zusehen, wie mein Volk abgeschlachtet wird. Scheiß auf eure Optik, ich gehe rein.«

Die meisten Hinterbliebenen der elf Todesopfer scheinen auf ein Todesurteil gegen Bowers zu hoffen. Familienmitglieder von neun der elf Opfer schrieben im vergangenen Jahr in einem Brief an den »Pittsburgh Jewish Chronicle«: »Seine Verbrechen verdienen die Todesstrafe.«
Wie lange der Prozess dauern wird und wann das Urteil zu erwarten ist, steht noch nicht fest.

Kalifornien

»Es ist okay, nicht okay zu sein«

Wie die jüdische Gemeinschaft in Los Angeles mit den verheerenden Bränden umgeht – ein Zeugenbericht

von Jessica Donath  13.01.2025

Essay

Ritt ins Verderben

Gedanken eines österreichischen Juden zu einer möglichen Kanzlerschaft des Rechtsextremisten Herbert Kickl

von Vladimir Vertlib  12.01.2025 Aktualisiert

Frankreich

Zuflucht vor Mobbing

Weil die Zahl antisemitischer Vorfälle dramatisch steigt, nehmen immer mehr jüdische Eltern ihre Kinder von öffentlichen Schulen und schicken sie auf private. Eine Erkundung in Paris

von Florian Kappelsberger  12.01.2025

Polen

Duda würde Netanjahu nicht verhaften lassen

Am 27. Januar jährt sich die Befreiung von Auschwitz zum 80. Mal. Kommt der israelische Ministerpräsident trotz eines Haftbefehls gegen ihn?

 09.01.2025

Kalifornien

Synagoge fällt Feuern von Los Angeles zum Opfer

Die riesigen Brände gefährden auch jüdische Einrichtungen

 08.01.2025

USA

Welcome to Jiddishland

Nirgendwo sprechen so viele Menschen Jiddisch wie in New York. Und es werden immer mehr. Die Mameloschen hat die Grenzen der chassidischen Communitys längst überschritten

von Jörn Pissowotzki  08.01.2025

Social Media

Elon Musk hetzt wieder gegen George Soros

Der Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump bedient sich dabei erneut der Figur des Magneto aus dem Marvel-Universum

von Ralf Balke  08.01.2025

Interview

»Die FPÖ gilt als Prototyp des Rechtspopulismus«

Demokratieforscher Simon Franzmann über den Rechtsruck in Österreich

von Michael Grau und Daniel Behrendt  08.01.2025

Meinung

Der Neofaschist Herbert Kickl ist eine Gefahr für Österreich

In der FPÖ jagt ein antisemitischer »Einzelfall« den anderen, ihr Obmann will die liberale Demokratie abschaffen und könnte schon bald Kanzler sein

von Bini Guttmann  08.01.2025