Nach einer Welle antisemitischer Angriffe haben vergangene Woche in Amsterdam zwölf lokale Parteien in einem gemeinsamen Schreiben versprochen, die jüdische Gemeinschaft der Hauptstadt und ihre Infrastruktur besser zu schützen. Man wolle künftig »konkret und sichtbar« gegen Antisemitismus auftreten und bei Vorfällen »laut und klar« reagieren.
Teil der Abmachung ist, dass man in sämtlichen Bildungseinrichtungen der Stadt Judenfeindlichkeit entgegentreten wolle. Außerdem sollen Besuche einer Gedenkstätte, die über die Geschichte der Amsterdamer Juden aufklärt, für weiterführende Schulen verpflichtend werden. Darüber hinaus will man künftig Schulen und Lehrer unterstützen, die auf »Hindernisse« stoßen, wenn sie im Unterricht die Schoa behandeln.
Initiative Das Abkommen kam auf Initiative von Ruben Vis zustande, dem Chef der niederländisch-jüdischen Dachorganisation Nederlands Israëlitisch Kerkgenootschap (NIK). Man will sich im Amsterdamer Stadtrat eine Legislaturperiode Zeit dafür geben. Am 21. März finden in den Niederlanden Kommunalwahlen statt.
Jüdische Organisationen begrüßen das Abkommen. In einer Stellungnahme betont die NIK, dass Amsterdam als erste europäische Stadt einen solchen Schritt geht. Das Israel-Informations- und Dokumentationszentrum CIDI, das 2017 insgesamt 113 antisemitische Vorfälle in den Niederlanden registrierte, hofft, dass andere Kommunen dem Beispiel folgen werden. Demnächst will Amsterdams südliche Nachbarstadt Amstelveen nachziehen.
Ablehnung Zwei Akteure, die Chancen auf einen Einzug in den Stadtrat haben, weigerten sich jedoch, das Abkommen zu unterzeichnen: DENK, eine neue, bei türkischen Niederländern beliebte Partei, und »Bij1«, die sich auf ihre Fahnen geschrieben hat, sich gegen Diskriminierung und für Diversität einzusetzen. Bij1 erklärte vor einigen Tagen, man lehne Antisemitismus ab, störe sich aber daran, dass dem Abkommen eine Definition von Antisemitismus zugrunde liegt, die auch die Kritik an Israel als judenfeindlich versteht.
DENK setzt sich ebenfalls für gesellschaftliche Vielfalt ein, liegt in türkeispezifischen Themen allerdingst zuverlässig auf Linie der Staatspartei AKP. Ihre Parlamentsfraktion fiel im vergangenen Jahr durch Fragen nach einer »israelischen Lobby« auf. CIDI wirft der DENK-Partei vor, ihren Antisemitismus als Kritik an Israel zu tarnen.
Ruben Vis ist fürs Erste zufrieden mit dem Erreichten. Den Kern des Abkommens beschreibt er so: »Es geht um die Frage, ob die Stadt versteht, dass zehn Prozent ihrer Bevölkerung einst aus ihr herausgerissen wurden. Außerdem geht es um die Fragen, wie sicher wir Juden uns heute fühlen, und ob wir deutlich machen können, dass dies auch unser Amsterdam ist.«