Schweiz

Nur Katholiken erwünscht

Von außen modern: die Universität Luzern Foto: picture alliance/KEYSTONE

»Diversität« ist auch bei Stellenausschreibungen in der Schweiz ein großer und wichtiger Begriff – kein Mitglied der Gesellschaft soll sich heute ausgeschlossen oder diskriminiert fühlen. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund irritiert eine Stellenausschreibung der Theologischen Fakultät der Universität Luzern in der Innerschweiz.

Gesucht wird eine Kandidatin oder ein Kandidat für eine Ordentliche Professur für Theologie und Judaistik. Das Fach Judaistik wird an der Uni Luzern seit 1981 gelehrt. Die frühere langjährige Stelleninhaberin Verena Lenzen ist inzwischen emeritiert.

anforderungen Wie die Zeitung »Tachles« kürzlich berichtete, können sich allerdings nur Katholiken um die Professur bewerben: Denn zwei der Anforderungen sind die Zugehörigkeit zur römisch-katholischen Kirche sowie ein »kanonisches Doktorat« – dazu werden ausschließlich katholische Theologiestudenten zugelassen.

Dass für das Fach Judaistik jüdische Bewerber (aber auch Protestanten oder Konfessionslose) ausgeschlossen werden, kommt in der Schweizer Öffentlichkeit schlecht an: So äußerte sich etwa die Präsidentin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, Martine Brunschwig Graf, sehr erstaunt. Der Ausschluss jüdischer Bewerbungen sei grundsätzlich zu hinterfragen, findet sie.

Die Universität Luzern selbst verweist auf die geltenden Regelungen. Entsprechend äußert sich Margit Wasmeier-Sailer, Professorin für Fundamentaltheologie und seit Anfang des Monats Dekanin der Theologischen Fakultät.

vorgaben Gleiches sagte der Jüdischen Allgemeinen auch Barbara Melzl, Kommunikationsleiterin des für Luzern zuständigen Bistums Basel. Man halte sich an die Vorgaben der Uni Luzern und des Heiligen Stuhls, argumentiert sie: »Judaistik gehört zum Pflichtfach des Theologiestudiums.« Daher sei es für diese Berufung auch obligatorisch, das »Nihil obstat«, die Einwilligung des Heiligen Stuhls, einzuholen.

»Dies wiederum setzt die römisch-katholische Konfession und eben ein kanonisches Doktorat voraus«, so Melzl. Außerdem gehe es bei dieser Professur wesentlich um den christlich-jüdischen Dialog – und dazu gehöre ein Engagement in katholischen Delegationen und kirchlichen Kommissionen.

Diese Argumentation überzeugt Alfred Bodenheimer, Professor für jüdische Religionsgeschichte und Leiter des Zentrums für Jüdische Studien der Uni Basel, in keiner Weise. Bodenheimer war vorher Dozent in Luzern, doch irgendwann sei ihm bewusst geworden, dass mit diesen Vorgaben die dortige Uni für ihn »perspektivlos« gewesen sei, da er keine Chance gehabt habe, je eine Leitungsfunktion zu übernehmen. Ganz im Gegensatz zu Basel, wo er erster jüdischer Dekan der Theologischen Fakultät wurde.

kandidaten Bodenheimers Schlussfolgerung: »Ich möchte konfessionelle Hürden nicht kleinreden – aber man kann und muss sich als kantonale Institution auch Mühe geben, sie dann zu überwinden, wenn sie aus der Zeit gefallen sind.« Zudem würde sich das Feld der Kandidaten stark erweitern, wenn die eingrenzende Vorgabe fallen würde, so Bodenheimer.

Auch vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) kommt Kritik. Generalsekretär Jonathan Kreutner sagt, man habe zwar durchaus Verständnis für die Vorgaben der Luzerner Universität, man frage sich aber, ob eine konfessionelle Einschränkung in einer Rekrutierungsphase notwendig sei. »Für eine Stelle, die Kenntnisse der Judaistik verlangt, erscheint uns das fragwürdig.« Man werde nun deshalb das Gespräch mit den Verantwortlichen suchen, so Kreutner.

Die beiden jüdischen Dozenten der Universität Luzern möchten zu diesem Thema nicht Stellung nehmen, ließen sie auf eine Anfrage des Schweizer Radios SRF ausrichten.

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