Osnabrück

Niederländer protestieren gegen Calmeyer-Haus

Hans Georg Calmeyer: Judenretter oder Teil des NS-Vernichtungsapparats? Foto: dpa

Osnabrück

Niederländer protestieren gegen Calmeyer-Haus

Die geplante Benennung eines Friedenszentrums nach dem NS-Juristen Hans Georg Calmeyer, einem »Gerechten unter den Völkern«, stößt auf Widerstand

 28.05.2020 13:23 Uhr

In den Niederlanden haben mehr als 250 Wissenschaftler und Künstler haben eine Petition gegen die geplante Errichtung eines Museums und Friedensinstituts mit dem Namen eines früheren Juristen des NS-Regimes in Osnabrück unterschrieben.

Die Bundesregierung solle das Vorhaben nicht subventionieren, wenn es nach dem umstrittenen Juristen Hans Georg Calmeyer benannt werde, heißt es in der an Bundeskanzlerin Angela Merkel gerichteten Petition, die am Donnerstag dem deutschen Botschafter in Den Haag übergeben wurde. »Für Angehörige von ermordeten Juden wäre es unerträglich, wenn das Institut nach ihm benannt wird«, sagte der Journalist Hans Knoops, einer der Initiatoren, der Deutschen Presse-Agentur.

PROMINENTE Zu den Unterzeichnern gehören auch internationale Historiker, niederländische Politiker, Künstler, Überlebende des Holocausts und Vertreter der jüdischen Gemeinschaft. Auch der Hollywood-Schauspieler Jeroen Krabbé, Bestseller-Autor Leon de Winter, Dirigent Jaap van Zweden sowie der frühere Amsterdamer Bürgermeister Job Cohen unterschrieben die Petition.

Hans Georg Calmeyer (1903-1972) entschied während der deutschen Besatzung der Niederlande nach den Nürnberger Gesetzen, ob jemand Jude war oder nicht. In der Petition heißt es, Calmeyer habe als Beamter dem verbrecherischen System angehört: »Er beteiligte sich aktiv an der Vernichtung von mindestens 104.000 in den Niederlanden ansässigen Juden. Daher kann man ihn schwerlich ohne Vorbehalt als Helden bezeichnen.«

AUSZEICHNUNG Zwar soll Calmeyer in rund 2500 Fällen sogenannte Arier-Gutachten akzeptiert und damit Menschen vor der Deportation bewahrt haben. 1992 war er dafür posthum von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als »Gerechter unter den Völkern« gewürdigt worden. In manchen Kreisen gilt er seither als »Oskar Schindler von Osnabrück«. Auf der anderen Seite lehnte Calmeyer auch mindestens 1500 solcher Bitten ab, was für die meisten Betroffenen einem Todesurteil gleichkam.

Auch in Osnabrück wird über den Namen des Zentrums debattiert. Der Osnabrücker Rechtsanwalt und Grünen-Stadtrat Thomas Klein sagte der »Neuen Osnabrücker Zeitung«, aus heutiger Sicht müsse Calmeyer mit einem Strafverfahren wegen Beihilfe zum Mord in vielen Fällen rechnen. Er warnte vor einer Umbenunng der »Villa Schlikker«.

Das Gebäude war während der Zeit des Dritten Reichs die Parteizentrale der NSDAP. Die Bundesregierung hat bereits eine Subvention für das geplante Friedenszentrum zugesagt. dpa/ja

USA

Der Lautsprecher

Howard Lutnick gibt sich als Architekt der amerikanischen Zollpolitik. Doch der Handelsminister macht sich mit seiner aggressiven Art im Weißen Haus zunehmend Feinde

von Sebastian Moll  18.04.2025

Ungarn

Die unmögliche Geige

Dies ist die zutiefst berührende Geschichte eines Musikinstruments, das im Todeslager Dachau gebaut und 70 Jahre später am Balaton wiedergefunden wurde

von György Polgár  17.04.2025

Medien

Noa Argamani ist auf der »Time 100«-Liste

Alljährlich präsentiert das »Time Magazine« die 100 einflussreichsten Menschen der Welt. 2025 ist auch eine freigelassene israelische Geisel dabei

 17.04.2025

USA

Neuauflage von Weinstein-Prozess startet

Vor gut einem Jahr überraschte ein Gericht in New York die Welt und hob das historische Vergewaltigungsurteil gegen Harvey Weinstein auf. Nun wird über die Vorwürfe erneut verhandelt

von Benno Schwinghammer  14.04.2025

Türkei

Die Optimistin

Liz Behmoaras schrieb über das jüdische Leben im Land – und für das Miteinander. Ein Nachruf

von Corry Guttstadt  14.04.2025

Ägypten

Gefährliches Paradies

Der Sinai ist einer der wenigen Urlaubsorte im Ausland, den Israelis auf dem Landweg erreichen können. Gern auch zu Pessach. Aber zu welchem Preis?

von Matthis Kattnig  11.04.2025

Feiertag

Putzen, Plagen, Playmobil

Neben Mazza und Haggada bietet Pessach Raum für ganz neue, individuelle Rituale. Wir haben uns in sieben Familien in Europa und Israel umgehört

von Nicole Dreyfus  11.04.2025

Israel-Boykott

Johnny Rotten nennt Hamas »einen Haufen von ›Judenvernichtern‹ «

Eine irische Zeitung hat versucht, den Ur-Punk Johnny Rotten vorzuführen, der sich kraftvoll gegen einen Boykott Israels wehrt. Das ging gründlich schief

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025

USA

Eine Hochschule und ihr LGBTQ-Klub

Die einen feiern den »Meilenstein für queere Juden«, die Yeshiva University rudert zurück. Nicht nur die orthodoxe Gemeinschaft ist verwirrt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025