Niederlande

»Nicht bei uns im Wertheim-Park«

Mehr als 100.000 Namen auf erleuchteten Wänden, an denen ein »Pfad des Lichts« entlangführt: So wird das Amsterdamer Holocaust-Mahnmal aussehen, das nächstes Jahr im Herbst fertig werden soll. Entworfen hat es der Architekt Daniel Libeskind, selbst Sohn von Schoa-Überlebenden. Enthalten wird es alle Namen ermordeter Juden, Sinti und Roma, die aus den Niederlanden deportiert wurden, sowie niederländischer Juden aus anderen Ländern.

Doch der Zeitplan für die Errichtung des Mahnmals ist durcheinandergeraten: Mitte Juni vertagte die zuständige Kommission des Stadtteils Amsterdam-Zentrum den endgültigen Beschluss auf den Herbst. Eigentlich hatten Bürgermeister und Dezernenten die Kommission im März beauftragt, das Monument im Wertheim-Park bauen zu lassen. Er ist der älteste Park Amsterdams und liegt mitten im früheren jüdischen Viertel.

Grund für die Verzögerung sind Anwohner. Sie sind besorgt, das Denkmal und die vielen Besucher könnten den Charakter des Parks und des Viertels zu stark verändern. Die Anwohner fühlen sich in ihren Beschwerden nicht ausreichend ernst genommen. »Der Beschluss über das Denkmal wurde uns und den Bewohnern aufgezwungen«, sagt Nelly Duijndam, lokale Fraktionsvorsitzende der Sozialistischen Partei, die sich für den Aufschub aussprach.

Auschwitz Comité In einer Pressemitteilung gab sich das niederländische Auschwitz Comité, das den Bau des Mahnmals initiiert hat, gelassen. »Die Menschen dürfen nicht das Gefühl bekommen, die Stadt drücke das Monument durch. Die Demokratie muss ihren Lauf haben.« Es bräuchte nun eine »gute inhaltliche Diskussion«, bei der auf die Beschwerden gehört werde – die Anwohner müssten aber auch für Gegenargumente offen sein.

Auf Nachfrage der Jüdischen Allgemeinen sagte Jacques Grishaver, Vorsitzender des Auschwitz Comité, die Beschwerden fußten zum Teil auf Gerüchten, wonach das Denkmal ein Drittel des kleinen Parks in Anspruch nehmen würde. In Wahrheit seien es jedoch höchstens neun Prozent. Einige Mails und Anrufe an das Komitee hätten zudem einen Tenor à la: »Das Denkmal soll kommen, aber bitte nicht in meinem Hintergarten.« Daneben wären aber auch andere Untertöne zu hören gewesen wie: »70 Jahre, ist es noch immer nicht genug?«

Bedenken gegen den Standort des geplanten Mahnmals hat auch Karina Wolkers. Ihr inzwischen verstorbener Mann, der Künstler Jan Wolkers, hat vor 20 Jahren im Wertheim-Park – auch im Auftrag des Auschwitz Comité – ein Monument für die niederländischen Auschwitz-Opfer errichtet. »Künftige Generationen können dann von einem zum anderen gehen«, so Jacques Grishaver. Karina Wolkers findet jedoch ein zweites Denkmal in direkter Nähe respektlos und droht, dagegen zu klagen.

Kosten Verstehen kann ihre Bedenken Ruben Vis, der seit Jahren wichtige Funktionen bei niederländisch-jüdischen Organisationen innehat. Allerdings legt er Wert darauf, dass dies seine Privatmeinung ist: »Etwas Multimediales« sei sicherlich zeitgemäßer als »ein weiteres steinernes Denkmal«, so Vis. Bedenken hat er auch, was die Kosten betrifft: »Viele Leute in meinem Umfeld fragen sich, ob man das Geld nicht lieber für jüdischen Unterricht verwenden könnte.«

Das Denkmal soll mit Spenden und Patenschaften für einzelne Namen finanziert werden. Das Comité betont, dass dies ungeachtet des Aufschubs weiter möglich ist.

Europa

Allianz der Israelhasser

Mit antizionistischen Positionen will ein Bündnis aus muslimischen Parteien sowohl konservative als auch progressive Wähler mobilisieren

von Mark Feldon  31.10.2024

Meinung

Die Schweizer Sozialdemokraten und ihr radikaler Mittelweg

Die SP versteckt sich hinter widersprüchlichen und israelkritischen Resolutionen

von Nicole Dreyfus  29.10.2024

USA

Modisch und menschlich

Seit 25 Jahren betreibt Allison Buchsbaum eine Galerie für zeitgenössischen Schmuck in Santa Fe

von Alicia Rust  22.10.2024

Großbritannien

»Zionistisch und stolz«

Phil Rosenberg, der neue Chef des Board of Deputies of Jews, über den Kampf gegen Judenhass

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  20.10.2024

Südafrika

Terroristin auf dem Straßenschild?

In Johannesburg soll eine wichtige Hauptverkehrsstraße nach der Flugzeugentführerin Leila Chaled benannt werden

von Michael Thaidigsmann  16.10.2024

New York

Versteck von Anne Frank wird nachgebaut

Rekonstruktion soll zum 80. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz in New York zu sehen sein

von Annette Birschel  16.10.2024

Österreich

Wenn der Rebbe keltert

Schlomo Hofmeister kauft jedes Jahr Trauben und produziert seinen eigenen koscheren Wein

von Tobias Kühn  16.10.2024

Lufthansa

Millionenstrafe wegen Diskriminierung von Juden

Die USA sanktionieren die Airline wegen des Ausschlusses von 128 jüdischen Fluggästen vom Weiterflug nach Ungarn

 16.10.2024

Indien

Kosher Mumbai

Mithilfe der »Jewish Route« soll in der indischen Metropole der reichen jüdischen Vergangenheit gedacht und eine Brücke zur Gegenwart geschlagen werden

von Iris Völlnagel  15.10.2024