Zürich

Neue Hinweise auf Nazi-Konten bei Schweizer Bank aufgedeckt 

Foto: picture alliance/KEYSTONE

Die Schweizer Bank Credit Suisse hat US-Nachforschungen zufolge lange Zeit Hinweise auf zahlreiche Nazi-Konten unterschlagen. Im Zuge einer Untersuchung des Haushaltsausschusses des US-Senats seien zehntausende Dokumente zugänglich geworden, welche umfangreiche Beweise für Konten in Verbindung mit Nationalsozialisten lieferten, hieß es in einer Mitteilung des Ausschusses. 

Die Erkenntnisse stammen von Neil Barofsky, der als unabhängiger Ombudsmann 2021 von Credit Suisse selbst beauftragt worden war, Hinweisen auf mögliche bisher nicht aufgedeckte Nazi-Kunden bei der Bank nachzugehen. Barofsky wurde allerdings im Dezember 2022 von Credit Suisse entlassen, nachdem er seine Recherchen nicht entsprechend der Forderung der Bank hatte einschränken wollen, wie es in seinem Bericht hieß. 

Ein US-Ausschuss greift ein 

Davon erfuhr der Haushaltsausschuss des US-Senats. Damit kam ein gewichtiges Gremium ins Spiel, denn dem Ausschuss obliegt die Rechtssprechung über das Büro des Sondergesandten für Holocaust-Angelegenheiten, eine Abteilung des US-Außenministeriums. In dieser Funktion leiteten der Ausschussvorsitzende Sheldon Whitehouse und Senator Chuck Grassley eine Untersuchung ein, welche die Herausgabe von Barofskys Erkenntnissen erzwang. 

Lesen Sie auch

Die Intervention des US-Ausschusses habe daraufhin die weitere Untersuchung von mindestens 64.000 potenziell relevanten Datensätzen bei der Credit Suisse ermöglicht. Die Daten waren bei früheren Nachforschungen in den 1990er Jahren demnach nicht offengelegt worden. Barofsky wurde zudem von der seit Juni 2023 zur Schweizer Großbank UBS gehörenden Credit Suisse wieder eingesetzt, um seine Ermittlungen fortzusetzen. 

Konten von Mittelsmännern, Kriegsprofiteuren und Fluchthelfern

Die nun erstmals ausgewerteten Datensätzen gaben Hinweise auf zahlreiche Konten von Mittelsmännern, die die Nationalsozialisten etwa bei der Plünderung jüdischer Vermögenswerte, Schmuggel oder der Verschleierung von Kriegsbeute unterstützten. Auch wurden demnach Verbindungen aufgedeckt zwischen Credit Suisse und Personen, die Nazis nach dem Krieg Fluchthilfe leisteten.

Zudem gebe es Konten, die in Verbindung mit jüdischer Ausbeutung standen, und Depots, auf denen sich Geld jüdischer Bürger befand, die genötigt worden waren, ihr Vermögen bei einer bestimmten Bank zu hinterlegen.

Man werde eine gründliche und umfassende Prüfung der Daten sicherstellen, teilte die UBS der Deutsche Presse-Agentur mit. Barofsky erhalte «jede notwendige Unterstützung, um seine Arbeit zu erleichtern und um durch die durchgeführte Überprüfung mehr Licht in dieses dunkle Kapitel der Geschichte zu bringen», hieß es im Statement der Bank. 

Angesichts der Menge an auszuwertenden Daten - allein 300.000 Regalmeter Papierdokumente und dazu digitale Unterlagen - rechnet der US-Ausschuss 2026 mit Barofskys Abschlussbericht.

In einer ersten Reaktion teilte der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen mit: »Es ist zu begrüssen, dass die damalige CS bereits vor Jahren entsprechende Abklärungen an die Hand genommen hat. Wir haben aber schon im 2023 mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass das Mandat mit den früheren Ombudspersonen frühzeitig aufgelöst worden ist. Es war sicher ungeschickt, bei einer solchen heiklen Angelegenheit unabhängige Kontrollinstanzen mitten im Prozess auszutauschen.«

Und weiter: »Das warf auch Fragen auf, die offen im Raum standen. Wir waren deshalb sehr froh, dass die Arbeiten weitergeführt, letztlich die ursprünglich beauftragte Ombudsperson wieder eingesetzt worden ist und die Untersuchung dann auch erste Erkenntnisse hervorbrachte. Die UBS will jetzt eine gründliche und umfassende Prüfung der Daten sicherstellen. Die eingesetzte Ombudsperson werde nun offenbar auch die nötige Unterstützung erhalten. Das ist auch bitternötig, damit endlich mehr Licht in dieses dunkle Kapitel der Geschichte der inzwischen grössten Schweizer Bank gebracht werden kann.«

USA

Der Lautsprecher

Howard Lutnick gibt sich als Architekt der amerikanischen Zollpolitik. Doch der Handelsminister macht sich mit seiner aggressiven Art im Weißen Haus zunehmend Feinde

von Sebastian Moll  18.04.2025

Ungarn

Die unmögliche Geige

Dies ist die zutiefst berührende Geschichte eines Musikinstruments, das im Todeslager Dachau gebaut und 70 Jahre später am Balaton wiedergefunden wurde

von György Polgár  17.04.2025

Medien

Noa Argamani ist auf der »Time 100«-Liste

Alljährlich präsentiert das »Time Magazine« die 100 einflussreichsten Menschen der Welt. 2025 ist auch eine freigelassene israelische Geisel dabei

 17.04.2025

USA

Neuauflage von Weinstein-Prozess startet

Vor gut einem Jahr überraschte ein Gericht in New York die Welt und hob das historische Vergewaltigungsurteil gegen Harvey Weinstein auf. Nun wird über die Vorwürfe erneut verhandelt

von Benno Schwinghammer  14.04.2025

Türkei

Die Optimistin

Liz Behmoaras schrieb über das jüdische Leben im Land – und für das Miteinander. Ein Nachruf

von Corry Guttstadt  14.04.2025

Ägypten

Gefährliches Paradies

Der Sinai ist einer der wenigen Urlaubsorte im Ausland, den Israelis auf dem Landweg erreichen können. Gern auch zu Pessach. Aber zu welchem Preis?

von Matthis Kattnig  11.04.2025

Feiertag

Putzen, Plagen, Playmobil

Neben Mazza und Haggada bietet Pessach Raum für ganz neue, individuelle Rituale. Wir haben uns in sieben Familien in Europa und Israel umgehört

von Nicole Dreyfus  11.04.2025

Israel-Boykott

Johnny Rotten nennt Hamas »einen Haufen von ›Judenvernichtern‹ «

Eine irische Zeitung hat versucht, den Ur-Punk Johnny Rotten vorzuführen, der sich kraftvoll gegen einen Boykott Israels wehrt. Das ging gründlich schief

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025

USA

Eine Hochschule und ihr LGBTQ-Klub

Die einen feiern den »Meilenstein für queere Juden«, die Yeshiva University rudert zurück. Nicht nur die orthodoxe Gemeinschaft ist verwirrt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025