Eigentlich müsste die außerplanmäßige Wahl des Stadtammanns in der kleinen Kur- und Bäderstadt Baden schon im 20 Kilometer entfernten Zürich niemanden mehr interessieren. Doch der neue Bürgermeister heißt Geri Müller und ist grüner Nationalrat im Bundesparlament in Bern. Sein hauchdünner Wahlsieg wird in Jerusalem, Los Angeles und Ramallah mit großer Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen: Denn kein anderer Schweizer Politiker kritisiert den jüdischen Staat so hart, so erbarmungslos und so oft wie der 53-jährige Müller.
Und das tat er selbst dann, als er Präsident der einflussreichen außenpolitischen Kommission der Großen Kammer des Schweizer Parlaments war und sich etwas Zurückhaltung hätte auferlegen sollen.
Eskapaden Während des Gaza-Krieges von 2008/ 2009 nahm er an einer Demonstration vor der israelischen Botschaft teil, bei der ein Hakenkreuz neben dem Davidstern zu sehen war. Später sorgte er für Schlagzeilen, als er drei Vertreter der radikalen Hamas-Bewegung in der Parlamentshalle empfing und sich anschließend, als die Medien die Sache dann publik machten, kaum halbherzig von der islamistischen Organisation distanzierte. Ebenso halbherzig, wie sich grüne Parteikollegen und -kolleginnen von Müllers Nahost-Eskapaden distanzieren – wenn sie ihn nicht sogar unterstützen.
Kein Wunder also, dass israelische und jüdische Kreise genauer hinschauten, als Müller in Baden seine Kandidatur bekanntgab. Und spätestens, nachdem in einem Artikel der »Jerusalem Post« Anfang 2013 Befürchtungen geäußert wurden, man müsse um die rund 100 Mitglieder der kleinen, aber gut integrierten Jüdischen Gemeinde fürchten, falls Müller Chef in Baden werde, und als auch Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes (SIG), vor Müller warnte, nahm das Ganze Ausmaße einer Schlammschlacht an.
Detektiv Müller hingegen sprach von einer »Kampagne« gegen ihn – kurz vor der Wahl wollte er sogar von einem Detektiv wissen, der ihn im Auftrag einer »regierungsnahen israelischen Organisation« bespitzelt habe.
Doch der neue Stadtammann ist nur für rund ein halbes Jahr gewählt worden. Bereits im Herbst muss Müller seinen Posten verteidigen – bei den sogenannten Gesamterneuerungswahlen.