Argentinien

Mutter der Plaza de Mayo

Das Leben von Ellen Marx (1921–2008) war von Verlusten geprägt: Ihr Vater starb 1942, die Mutter wurde in Auschwitz ermordet. Und als Ellen Marx sich in Argentinien in Sicherheit wähnte, verschwand im August 1976 ihre Tochter Nora in den Folterzentren der Militärjunta.

Die Suche nach der verschwundenen Tochter und Tausenden anderen machte sie zu einer der »Madres de la Plaza de Mayo«. Auf jenem Platz in Buenos Aires demonstrierten die Mütter und Großmütter der Verschwundenen und forderten Aufklärung über deren Schicksal. Den Lebensweg von Ellen Marx hat die Potsdamer Ethnologin Jeanette Erazo Heufelder in einem Buch nachgezeichnet, das unter dem Titel Von Berlin nach Buenos Aires im Berliner Metropol Verlag erschienen ist.

Jugend Ellen Marx wurde 1921 in Berlin geboren. Mit 13 Jahren schließt sich die Tochter aus bürgerlichem Elternhaus der jüdischen Pfadfinderorganisation »Ring« an, die ab 1935 die Auswanderung nach Argentinien betreibt. Mit der letzten Gruppe erreicht Marx im Mai 1939 Buenos Aires. Ihre Eltern bleiben zurück in Nazideutschland.

In Buenos Aires engagiert sich die junge Frau in der jüdischen Gemeinde und beteiligt sich an der Gründung einer Synagoge für Einwanderer. Sie bekommt vier Kinder und betreut jüdische Waisen. Doch nach dem Militärputsch gerät ihr Leben aus der Bahn: Ihre 28-jährige Tochter Nora, die sich den linksperonistischen militanten Montoneros angeschlossen hat, kommt am 21. August 1976 nicht mehr nach Hause. Sie wird in einer illegalen Druckerei festgenommen und verschleppt.

Militärjunta Ende April 1977 machen sich die ersten Mütter auf, um auf der Plaza de Mayo zu demonstrieren und das Klima des Schweigens zu durchbrechen. Wer wie Ellen Marx hofft, die Unterstützung der diplomatischen Vertretung der Bundesrepublik zu erhalten, wird enttäuscht. 72 Verschwundene mit deutschen Pässen werden Ende der 70er-Jahre aufgelistet, auch Kinder jüdischer Flüchtlinge, die in den 40er-Jahren nach Argentinien gekommen sind. In der Botschaft hört man sie an, verspricht Hilfe – aber es geschieht nichts. Erst gegen Ende der Militärdiktatur beginnen deutsche Diplomaten, sich für das Schicksal der Verschwundenen zu interessieren.

Ab 1983 reist Ellen Marx immer wieder nach Deutschland, um Aufklärung über das Schicksal ihrer Tochter und der anderen Verschwundenen zu verlangen. Bekannt wird sie einer breiteren deutschen Öffentlichkeit, als sie 1998 gemeinsam mit anderen aus Deutschland stammenden »Müttern der Plaza de Mayo« Strafantrag gegen die argentinischen Obristen stellt wegen der Entführung und Ermordung deutscher Staatsbürger in Argentinien. 2003 erlässt die Staatsanwaltschaft gegen ehemalige Mitglieder der Militärjunta Haftbefehl wegen Mordes an zwei Deutschen. Bei den anderen stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Ellen Marx scheitert mit ihrer Klage an formaljuristischen Spitzfindigkeiten.

Jeanette Erazo Heufelder: »Von Berlin nach Buenos Aires – Ellen Marx. Deutsch-jüdische Emigrantin und Mutter der Plaza de Mayo«. Metropol, Berlin 2014, 224 S., 22 €

Schweiz

Konservative Christen gegen den ESC

Eine Minipartei erwirkt ein Referendum gegen das hohe Rahmenbudget für den Eurovision Song Contest. Dabei geht es auch um Israel

von Peter Bollag  19.11.2024

Italien

Schoa-Überlebende rügt Papst für Genozid-Kommentar

Edith Bruck ist 93 Jahre alt und mit Papst Franziskus befreundet. Jetzt hat sie ihn aber mit deutlichen Worten kritisiert

 19.11.2024

Medien

Ausweitung der Kampfzone

Die israelfeindlichen Täter haben die »NZZ« ganz bewusst zum Abschuss freigegeben. Ein Kommentar

von Nicole Dreyfus  19.11.2024

Tschechien

Oscar-reifer Held am Mikrofon

»Wellen« feiert den KZ-Überlebenden Milan Weiner, der 1968 die Sowjets in Schach hält

von Kilian Kirchgeßner  17.11.2024

USA

Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, Gesundheitsminister

Donald Trump beruft mit Robert F. Kennedy einen Mann als Gesundheitsminister, der auch durch antisemitische Verschwörungstheorien von sich reden macht

von Michael Thaidigsmann  15.11.2024

Imanuels Interpreten (1)

Flora Purim: Das Unikum

Die in Rio de Janeiro geborene Sängerin liefert eine einzigartige Melange der Klänge

von Imanuel Marcus  15.11.2024

Meinung

Die UNRWA kann auf Zürich zählen

Die Regierung zahlt 380.000 Franken an das mit dem Hamas-Terror verbundene Palästinenserhilfswerk

von Nicole Dreyfus  15.11.2024

Paris

Rauchbomben, Buhrufe und eine Schlägerei

Die Stimmung beim Spiel Frankreichs gegen Israel war spürbar aggressiv

 14.11.2024 Aktualisiert

Paris

Unruhen am Vorabend des Länderspiels Frankreich–Israel

Die Stimmung in der Hauptstadt ist hochaggressiv

 14.11.2024