Es gibt heute kaum mehr eine Stadt, in der nicht Führungen zu speziellen Themen angeboten werden: von der Geschichte der Frau über die der Arbeiter bis zu der der Kriminellen. Basel kann bei diesem Thema neuerdings mit einem Stadtrundgang zu jüdischen Orten punkten: einer App namens »Bâleph«, geeignet für Smartphones und Tablet-Geräte.
Das Wort »Bâleph« setzt sich aus Basel (französisch: Bâle) und dem hebräischen Buchstaben Aleph zusammen. Mit der App können Touristen und interessierte Einheimische völlig selbstständig ohne einen Stadtführer das jüdische Basel erkunden.
Orte Die neue App führt zunächst einmal zur Synagoge der Israelitischen Gemeinde, dem derzeit sichtbarsten Zentrum jüdischen Lebens in der Rheinstadt. Dann gelangt man aber auch zu den Orten in der Altstadt, an denen früher Betlokale standen – immerhin geht das jüdische Leben in Basel mindestens bis ins 13. Jahrhundert zurück.
Weil »Bâleph« von einer Historikerin (Isabel Schlerkmann) und einer Archäologin (Sabine Lutz) entwickelt wurde, bietet es Ausflüge in die Geschichte an, die selbst für viele Basler überraschend sind. So ermöglicht die App eine Zeitreise ins Jahr 1967, als Basel – wie viele andere Schweizer Städte – während des Sechstagekrieges seine geradezu euphorische Solidarität mit dem bedrohten jüdischen Staat bekundete: Minister ließen sich beim Blutspenden für Israel fotografieren, Taxis kurvten mit »Wir fahren für Israel«-Schildern herum, und ein Brunnen auf dem historischen Münsterplatz diente als »Spendenbüchse« für Israel, in den Passanten Tag für Tag während des Krieges Scheine und Münzen hineinwarfen.
An diese Begebenheit erinnert sich ein Zeitzeuge, dessen Bericht sich mit Bâleph anhören und ansehen lässt. Es ist mehr als eine Art historische Anekdote. Man könnte annehmen, sie stamme aus einem anderen Jahrhundert, doch sind seit dem nicht einmal 50 Jahre vergangen. Man kann es kaum glauben nach dem vergangenen Sommer, als in vielen europäischen Städten Tausende Menschen auf die Straße gingen, um – zum Teil mit Gewalt – gegen Israel zu demonstrieren. Ob die Tatsache, dass Basel – anders als etliche andere westeuropäische Städte – in den vergangenen Monaten von antisemitischen Vorfällen weitgehend verschont blieb, bei den Solidaritätskundgebungen 1967 ihren Ursprung haben könnte? Diese Frage kann allerdings auch Bâleph nicht beantworten.
Begleitprogramm »Die jüdische Geschichte Basels ist außerordentlich spannend und abwechslungsreich«, begründet Isabel Schlerkmann, warum die erste Stadtführungs-App sich gerade diesem speziellen Thema widmet. Die beiden Frauen hatten die Idee für eine solche App schon länger, eine kleine Umfrage hätte dann ergeben, dass das jüdische Basel ganz oben auf der Wunschliste stand.
»Gleichzeitig mussten wir feststellen, dass das allgemeine Wissen über dieses Thema doch eher gering ist.« Da kann Bâleph nun möglicherweise Abhilfe schaffen. Ein umfangreiches Begleitprogramm, zum Beispiel ein Volkshochschulkurs, auf den die App hinweist, oder Themen, die Schulklassen ansprechen, soll unterstützend wirken. Erste Interessenten gäbe es schon, sagen Lutz und Schlerkmann übereinstimmend.
Wem ein realer Stadtrundgang zu aufwendig oder mühsam ist, der kann in der Rubrik »Zeitstrahl« die ganze Führung auch bequem zu Hause auf dem Sofa erleben: als digitales Lexikon sozusagen.
»Bâleph« ersetzt gleichzeitig auch den Hochglanzprospekt über das jüdische Basel, der in den 80er-Jahren vom Tourismusamt der Stadt in mehreren Sprachen (auch in Hebräisch) herausgegeben wurde, als immer mehr jüdische Touristen aus aller Welt auf den Spuren Theodor Herzls, des Begründers des Zionismus, den Weg in die Rheinstadt fanden.
Der Basler Merian Verlag, der die App nun lanciert, will damit auch auf Tourismus-Messen im Ausland werben. »Bâleph« könnte wohl ein zusätzlicher Anreiz sein, die Rheinstadt zu besuchen.
www.baleph.ch