Niederlande

Mit dem iPhone durch die Prinsengracht

Eine dreisprachige App hilft, Anne Franks Amsterdam zu erkunden

von Tobias Müller  02.01.2013 10:36 Uhr

Kostenloser Download: Anne-Frank-App Foto: itunes

Eine dreisprachige App hilft, Anne Franks Amsterdam zu erkunden

von Tobias Müller  02.01.2013 10:36 Uhr

Ein Eckhaus im Süden von Amsterdam. Brauner Klinker, vier Stockwerke, unauffällig. Vor 60 Jahren richteten zwei Mädchen hier Filmpartys aus. Sie luden ihre Mitschüler aus dem Jüdischen Lyceum ein, weil sie seit Anfang 1941 zu den Kinos der Stadt keinen Zugang mehr hatten. Auf dem Programm stand »Rin Tin Tin«, es gab selbst gebackenen Kuchen, auch Einladungen und Platzkarten hatten die Mädchen gestaltet. Nach dem Film unterhielt sich das Publikum noch, erinnert sich Jacqueline van Maarsen, eine der Gastgeberinnen. Die andere war Anne Frank.

Touristenrouten Die Episode ist eine der 30 Stationen auf einem besonderen Stadtrundgang: »Anne’s Amsterdam« heißt die Application, die das Anne-Frank-Haus seinen Besuchern seit einigen Monaten auf Niederländisch, Englisch und Deutsch zum kostenlosen Download anbietet. Das Smartphone schickt den User dann auf eine Reise auf den Spuren Anne Franks – und die ist je nach Kondition ganz schön lang. Die meisten Orte liegen nämlich nicht unbedingt entlang der gängigen Touristenrouten im grachtengesäumten Stadtzentrum.

Dafür macht man mithilfe von Zeitzeugenberichten, alten Fotos und kurzen Filmen ausführlich Bekanntschaft mit dem ehemaligen Judenviertel im Osten und der alten Nachbarschaft der Franks im Süden Amsterdams. Entlang der Route liegen die Montessori-Schule, auf die die Frank-Töchter nach der Ankunft aus Frankfurt gingen, das Jüdische Lyceum, wo die redefreudige Anne den Spitznamen »Fräulein Schnattermaul« bekam, und die damalige Synagoge der liberalen Gemeinde, die vor allem aus deutschen Migranten wie den Franks bestand.

Stationen Zehntausende Besucher aus fast 100 Ländern haben in den vergangenen Monaten von der App Gebrauch gemacht. Mehr als fünf Stationen besuchten allerdings nur knapp die Hälfte von ihnen – was angesichts der großen Entfernungen nicht überrascht. An den meisten Orten erinnert zudem heute nichts mehr an das Leben der Familie Frank. Lediglich vor dem alten Wohnhaus am Merwedeplein steht die kleine Statue Anne Franks als junges Mädchen. Manchmal kommen Touristen und machen Fotos von dem Gebäude.

Inhaltliche Grundlage der App ist die Webseite »Das Amsterdam Anne Franks«, die das Anne-Frank-Haus bereits seit Herbst 2011 unterhält. »Wir wollen in der Stadt selbst nachvollziehbar machen, was mit Anne Frank und ihren Zeitgenossen passierte«, sagt Annemarie Bekker, Sprecherin des Anne-Frank-Hauses.

Die App zeigt vor allem eins: den Alltag im Ausnahmezustand der Emigration, wie ihn die zahlreichen deutschen Juden in den Niederlanden der 30er-Jahre erlebten. Dies trägt dazu bei, die Geschichte Anne Franks nicht als Einzelschicksal zu erfahren, sondern einzubetten in ihren geografischen und politischen Kontext.

Tatorte Die App macht den Besuchern deutlich, dass Anne Frank ein Leben hatte, bevor ihre Familie das Versteck an der Prinsengracht bezog. Letzteres taucht in Form der Vorgeschichte der Mitbewohner natürlich ebenfalls auf, ebenso einige bekannte Elemente wie der Kastanienbaum und das Glockenspiel des nahen Westerturms.

Den Übergang markieren die zunehmenden Razzien, deren Tatorte die Tour nicht ausspart. Hanneli Goslar, eine von Anne Franks besten Freundinnen, erinnert sich an einer Station an ihre erste Begegnung. Sie schließt ihren Bericht: »Es war eine schöne Jugend, bis die deutsche Armee einfiel.«

USA

Der Podcaster von Elon Musks Gnaden

Donald Trump, Kanye West, Noam Chomsky: Lex Fridman kriegt sie alle. Aber kriegen sie auch Fridman?

von Sebastian Moll  12.11.2024

Niederlande

Was über die Gewalt in Amsterdam bekannt ist

Mithilfe offizieller Stellungnahmen der Behörden, der Berichterstattung niederländischer Medien sowie von Videos, die die Vorfälle wahrscheinlich zeigen, lässt sich eine vorläufige Rekonstruktion der Ereignisse erstellen

von Joshua Schultheis, Nils Kottmann  11.11.2024 Aktualisiert

Adriana Altaras in Südafrika

Zwischen Trauer, Politik und Safari

Unsere Autorin hat drei Limmud-Treffen am Kap besucht. Ein Reisebericht der besonderen Art

von Adriana Altaras  10.11.2024

USA

Mit Lippenstift, bitte

Der Mensch will gut aussehen. Die Kosmetikindustrie hilft dabei

von Nicole Dreyfus  10.11.2024

Amsterdam

Noch keine Festgenommenen wegen Gewalt gegen Israelis

Staatsanwaltschaft: Noch vier Menschen in Haft, aber noch niemand wegen Gewalt gegen Israelis festgenommen. Spezialisten der Polizei versuchen, Verdächtige auf Videos und Fotos zu identifizieren. 

 10.11.2024

Amsterdam

Wurden Warnungen nicht weitergegeben?

Die niederländische Regierung untersucht, ob Hinweise auf mögliche antisemitische Ausschreitungen ignoriert wurden

von Sabine Brandes  09.11.2024

Österreich

Jüdische Studenten verhindern Teilnahme von FPÖ-Politiker an Pogrom-Gedenken

In Wien kommt es zu einem Eklat

 08.11.2024

Meinung

Wie in einer anderen Welt

Früher konnten israelische Fans durch europäische Städte schlendern, heute scheint das undenkbar

von Monty Ott  08.11.2024

Amerika

»Trump ist eine Art Golem«

Der Chicagoer Rechtsanwalt Michael Traison über Donald Trump und die Stimmung in der jüdischen Gemeinschaft Amerikas

von Michael Thaidigsmann  08.11.2024