Zehn Jahre ist es her, dass die Kompensationsvereinbarung von Österreich unterzeichnet wurde. Sie speiste die überlebenden Juden des Landes mit einem Bruchteil ihres einstigen Vermögens ab. Jetzt will eine Gruppe von Holocaust-Überlebenden in Israel die Alpenrepublik vor Gericht bringen, um Entschädigung für die von den Nazis einverleibten Geschäfte, Häuser, Anlagen und Wertgegenstände einzuklagen. Es geht um Milliarden.
Als die Nazis im März 1938 in Österreich einmarschierten, lebten etwa 200.000 Juden in der Hauptstadt Wien. Viele wurden in den Konzentrationslagern ermordet, ihr Vermögen von den Deutschen und kollaborierenden Österreichern konfisziert.
Vereinbarung 2001 erklärte die österreichische Regierung, dass sie »sich nicht ausreichend um Entschädigung« gekümmert habe. Im Anschluss daran unterzeichnete sie gemeinsam mit den USA eine Vereinbarung, die österreichischen Schoa-Überlebenden 146 Millionen Euro zusprach.
Israel war an dem Abkommen nicht beteiligt. Einzelne Betroffene hatten auf Rückzahlung von insgesamt etwa 1,5 Milliarden Euro geklagt. Durch die »Wiedergutmachung« erhielten sie jedoch weniger als zehn Prozent des Betrages, der ihnen zusteht. Historiker hatten das damalige Vermögen der österreichischen Juden auf mindestens 15 Milliarden geschätzt – ohne Zinsen.
Anwältin Martha Raviv ist die Sprecherin der Gruppe der Überlebenden, die seit Jahren für die Neuverhandlung des Abkommens kämpft. Sie lebte als Kind mit ihrer Familie in Wien. Die Nazis deportierten sie und ihre Mutter nach Bergen-Belsen, den Vater ermordeten sie in Buchenwald. Martha, ihre Schwester und Mutter überlebten und gelangten 1943 nach Israel.
»Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie die Österreicher auf die Summe kamen, die vereinbart wurde«, erklärt sie. Für die Geschäfte ihrer Familie – Ravivs Vater war in Österreichs Lebensmittelbranche tätig – erhielten die beiden Töchter lediglich 10.000 US-Dollar Entschädigung.
»Österreich ist durch den Diebstahl an den Juden reich geworden«, macht die Gruppe deutlich. Die Leute haben das Papier einst unterschrieben, weil sie keine andere Wahl gehabt hätten. Als die Überlebenden die Kompensation erhielten, mussten sie erklären, dass sie alle anderen Ansprüche aufgeben. Damit sicherte sich Österreich gegen weitere Sammelklagen ab.
Raviv hofft, dass die israelische Regierung Druck auf Wien ausüben wird, um die Verhandlungen wieder aufzurollen. Die andere Möglichkeit wäre, die Republik Österreich vor Gericht zu bringen – eine Alternative, die die israelische Gruppe durchaus in Erwägung zieht.