Meinung

Masal Tow, Herr Bundeskanzler!

Mit jeder neuen Regierung bricht eine neue Zeit an. In Bezug auf Deutschland ist die jüdische Welt dabei immer sensibel und wachsam. Insbesondere, weil die Regierungszeit von Angela Merkel eine gute und verlässliche Zeit war. Doch jede neue Zeit sieht sich auch mit neuen oder ungelösten Problemen konfrontiert.

Der Iran ist eines der Probleme, um das sich die neue Regierung vom ersten Tag an kümmern muss. Für Israel geht es dabei buchstäblich um die Existenz, denn Iran stellt genau diese infrage. Als größtes EU-Land muss Deutschland mehr Führung auch bei den EU-Institutionen in Brüssel übernehmen und eine harte und strenge Politik gegenüber den Fanatikern in Teheran etablieren. Die Fähigkeit dazu wird der Praxis-Test sein, wie stark die Solidarität mit Israel tatsächlich das Handeln bestimmt.

un-gremien Parallel dazu muss der immer weiter fortschreitenden systematischen Delegitimierung des jüdischen Staates Einhalt geboten werden. Denn sie ist nicht nur der Nährboden für Terror in Israel selbst, sondern auch für Hass in sozialen Medien weltweit und tätliche Angriffe auf Juden – auch in Deutschland. Um es klar zu sagen: Wir erwarten von Deutschland, dass es sein teilweise unentschlossenes Taktieren in den Gremien der UN aufgibt und zukünftig eindeutig Stellung bezieht, wenn Israel wieder einmal zu Unrecht an den Pranger gestellt werden soll.

Angela Merkel hat großartige Arbeit geleistet. Sie war eine entschlossene Kämpferin gegen den Antisemitismus und eine Freundin der jüdischen Gemeinschaft.

Ein paar ungemachte Hausaufgaben bleiben trotzdem. Zum Beispiel, dass Deutschland mehr als 23 Jahre nach der Washingtoner Erklärung zur Raubkunst noch immer kein modernes Restitutionsgesetz hat. Knapp 80 Jahre nach der Schoa wird weiter auf Zeit gespielt, werden die Nachfahren der Opfer in unwürdige Verfahren gezwungen und wird die Verantwortung in unterschiedlichen Institutionen weit von sich geschoben.

antisemitismus Und im Kampf gegen Antisemitismus ist zwar auf der politischen Ebene einiges geschehen in den letzten Jahren. Die Umsetzung durch Administration und Justiz verläuft dennoch schleppend. Und das ist vor dem Hintergrund, dass die Corona-Pandemie allerlei wirren Verschwörungsmythen großen Zulauf beschert hat, doppelt bedenklich. Auf die Hetzer muss mehr und konsequenter Druck gemacht werden.

Wir leben in keiner einfachen Zeit. Umso wichtiger sind jetzt politische Führung und eine klare Richtung. Ich wünsche dem neuen Regierungschef dafür alles Gute. Mazel tov, Herr Bundeskanzler Scholz! Die jüdische Welt freut sich auf eine enge Zusammenarbeit mit Ihrer Regierung!

Der Autor ist Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses (WJC).

Kanada

Jüdische Mädchenschule in Toronto zum dritten Mal beschossen

Auch im vermeintlich sicheren Kanada haben die antisemitischen Angriffe extrem zugenommen - und richten sich sogar gegen Kinder

 23.12.2024

Bulgarien

Kurzer Prozess in Sofia

Der jüdische Abgeordnete Daniel Lorer wurde von seiner Partei ausgeschlossen, weil er nicht zusammen mit Rechtsextremisten stimmen wollte

von Michael Thaidigsmann  23.12.2024

Großbritannien

Gerechtigkeit und jüdische Werte

Sarah Sackman wurde als frisch gewählte Abgeordnete zur Justiz-Staatsministerin ernannt

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  23.12.2024

Spanien

Tod in den Bergen

Isak Andic, Gründer der Modekette Mango und Spross einer sefardischen Familie aus der Türkei, kam bei einem Familienausflug ums Leben

von Michael Thaidigsmann  23.12.2024

Australien

»Juden raus«-Rufe vor Parlament in Melbourne

Rechtsextremisten haben vor dem Regionalparlament in Melbourne antisemitische Parolen skandiert

 23.12.2024

Guatemala

Rund 160 Kinder vor ultraorthodoxer Sekte gerettet

Laut Behördenangaben wurden auf dem Gelände von »Lev Tahor« mutmaßliche sterbliche Überreste eines Kindes gefunden

 22.12.2024

Analyse

Putins antisemitische Fantasien

Der russische Präsident ist enttäuscht von der jüdischen Diaspora im Westen und von Israel

von Alexander Friedman  22.12.2024

Diplomatie

Israel und Irland: Das Tischtuch ist zerschnitten

Politiker beider Länder überhäufen sich mit Vorwürfen. Wie konnte es so weit kommen?

von Michael Thaidigsmann  18.12.2024

Paris

Phantom einer untergegangenen Welt

Eine neue Ausstellung widmet sich der Geschichte und Rezeption des Dibbuks

von Sibylle Korte  18.12.2024