Noch nicht einmal ein Jahr ist Mosche Baumel Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Basel (IGB). Doch in dieser kurzen Zeit hat der knapp 30-Jährige, der früher unter anderem in Osnabrück amtierte, schon einiges bewegt.
Nun legt er mit einer Idee nach, die deutlich über Basel und die Schweiz hinausgeht: Rabbiner Baumel denkt – gemeinsam mit einigen anderen Gemeindevertretern – an die Gründung eines internationalen Gymnasiums mit College-Charakter. In der Schweiz gibt es bisher keine jüdische Schule, die bis zum Abitur – in der Schweiz Matura genannt – führt.
Pensum Die Idee eines jüdischen Gymnasium in der Schweiz ist schon ziemlich weit entwickelt: Unterrichtet würden sowohl jüdische als auch allgemeine Fächer, verteilt auf insgesamt knapp 40 Wochenstunden. Dem hohen Pensum liegt der Anspruch zugrunde, bereits nach drei und nicht, wie sonst in der Schweiz und vielen anderen Ländern üblich, nach vier Jahren das Abitur zu machen.
Dass ein jüdisches Gymnasium nötig sei, liege auf der Hand, sagt Rabbiner Baumel. »Viele Jugendliche gehen in den Jahren nach ihrer Bat- oder Barmizwa für jüdische Themen verloren. Das ist dann später nicht wieder wettzumachen.«
In einem Gymnasium sei es möglich, sie zumindest bis zum Alter von 17 oder 18 Jahren zu begleiten. Lehrer für die jüdischen Fächer zu finden, sei kein Problem, sagt Rabbiner Baumel. Für die allgemeinen Fächer würde sich eine Basler Privatschule anbieten, die bereits jetzt mit der Jüdischen Primarschule Basel (JPS) zusammenarbeitet.
Geplant ist das jüdische Gymnasium für die Schweiz, aber die Initianten haben den gesamten deutschsprachigen Raum im Blick. »Ein solches Gymnasium könnte auch Eltern aus Deutschland oder vielleicht sogar Österreich interessieren«, sagt Baumel. Basel sei zwar eine kleine Stadt, verfüge aber über eine gute jüdische Infrastruktur, gelte als sehr sicher und sei bekannt für eine hohe Lebensqualität.
Schulgeld Eines großen Nachteils ist sich Rabbiner Baumel allerdings auch bewusst: »Die Schweiz ist teuer.« Aus diesem Grund habe man anfänglich sogar überlegt, das Gymnasium jenseits der Grenze, in Deutschland, anzusiedeln. Aus mehreren Gründen habe man diese Pläne aber wieder verworfen. »Das Schulgeld soll für Eltern kein Grund sein, ihr Kind nicht auf ein solches Gymnasium zu schicken«, betont er.
Um Kosten zu sparen, würde man anfänglich versuchen, Kinder und Jugendliche, die von auswärts kommen, privat bei Gastfamilien unterzubringen. »Über ein Internat denken wir vorerst nicht nach, auch weil es zu teuer wäre.« Die Pläne seien schon relativ weit gediehen, sagt Baumel, aber es hänge vor allem vom Geld ab, ob man ein solches Gymnasium gründen könne oder nicht. Im Gespräch mit der Zeitschrift »tachles« betonte der Arzt Alain Nordmann, neben Baumel einer der Initiatoren, man müsse von einem Jahresbudget von umgerechnet rund 500.000 Euro ausgehen, um eines Tages drei Klassen einrichten zu können.
Pilotprojekt Da ein Schweizer jüdisches Gymnasium als Pilotprojekt drei Jahre betrieben werden würde, ist von Anfangskosten von rund 1,5 Millionen Euro auszugehen. Dafür suche man jetzt Sponsoren, sagt Baumel. Doch das sei nicht einfach. »Es werden bei solchen Projekten immer dieselben Leute angefragt. Und die sind oft schon mit anderen Dingen ausgelastet.«
Doch die Initiatoren bauen darauf, dass jüdische Bildung einen hohen Stellenwert hat und sich dafür Geldgeber finden lassen werden. Viele in Basel erhoffen sich von einem solchen Projekt einen Aufschwung für die Gemeinde. Rabbiner Baumel sieht die weitere Entwicklung aber durchaus pragmatisch: »Falls wir Sponsoren in Zürich finden, die sich wünschen, dass die Schule nach Zürich kommt, sind wir durchaus bereit, uns das zu überlegen.«