Die russisch-amerikanische Journalistin Masha Gessen wurde von einem russischen Gericht in Abwesenheit zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Gessen soll, so der Vorwurf, Falschinformationen über den Einsatz der russischen Armee verbreitet haben. Im vergangenen Jahr wurde Gessen in Russland zur Fahndung ausgeschrieben, nachdem sie über das Massaker in der ukrainischen Stadt Butscha berichtet hatte.
Gessen ist eine langjährige Kritikerin des russischen Präsidenten Putin und hat mehrere Bücher zum postsowjetischen Russland veröffentlicht.
Zuletzt hatten Äußerungen Gessens in einem Artikel des US-amerikanischen Magazin »The New Yorker« für Irritationen gesorgt. Dort hatte Gessen die Situation in Gaza mit den jüdischen Ghettos im besetzten Europa verglichen. Trotz vorheriger Diskussionen bekam Gessen im Dezember in Bremen den Hannah-Arendt-Preises für politisches Denken verliehen.
Gessen stammt selbst aus einer jüdischen Moskauer Familie, die 1981 aus der Sowjetunion in die USA emigrierte. Mitte der Neunziger Jahre kehrte Gessen nach Moskau zurück und berichtete über den politischen Wandel vor Ort. 2013 kam Gessen wegen der zunehmenden Repressionen gegen Homosexuelle in Russland nach New York City zurück. Gessen ist nonbinär, ordnet sich also keinem Geschlecht zu, und ist mit einer Frau verheiratet. Gessen setzt sich aktiv für die Rechte queerer Menschen ein.
Gessen ist Doppelstaatlerin. Nach der Verurteilung in Moskau droht ihr nun eine Haftstrafe, sollte sie nach Russland reisen, oder in ein Land, das an Moskau ausliefert.