Jorge Mario Bergoglio genießt bei der jüdischen Gemeinde von Buenos Aires einen guten Ruf. Mehrfach hat er sich zu Gedenktagen eingefunden und ist auch für den Gedankenaustausch zwischen den Religionen eingetreten.
»Erzbischof Bergoglio hat uns beigebracht, den Dialog zwischen Juden und Christen zu führen. Dieser Dialog war zu Beginn heftig kritisiert worden, aber jetzt können wir die Früchte dieser Arbeit ernten«, erklärte Rabbiner Sergio Bergman im November letzten Jahres. Da hatte Bergoglio gerade an einer Veranstaltung zum Gedenken an die Pogromnacht 1938 teilgenommen. Gemeinsam mit Bergman gedachte der Erzbischof in der Kathedrale von Buenos Aires der sechs Millionen ermordeten Juden.
Offenheit Zurückhaltend trete Bergoglio auf, dem Bergman und Alejandro Avruj, Rabbiner der Gemeinde NCI-Emanu El in Buenos Aires, Offenheit, Wärme und Verständnis bescheinigen. Für das jüdische Volk sei es eine gute Nachricht, dass dieser Kardinal der neue Papst sei, erklärte Avruj nach dem Bekanntwerden der Entscheidung der Kardinäle in Rom.
Als ob Bergoglio diese Worte bestätigen wollte, schickte er als eine seiner ersten Amtshandlungen eine Nachricht an die jüdische Gemeinde in Rom. Darin wünschte er sich, die guten Beziehungen zwischen Juden und Katholiken weiter voranzubringen. Genau dafür ist er in Buenos Aires bekannt. Seine Solidarität mit der jüdischen Gemeinde hat er früh gezeigt. 1994 war Bergoglio einer der Ersten, die sich nach dem Terroranschlag auf das jüdische Kulturzentrum AMIA mit der Gemeinde solidarisierten. Und Bergoglio war der erste Prominente, der 2005 eine Petition unterzeichnete, die forderte, die Hintergründe des brutalen Anschlags endlich aufzuklären.
Ansichten Mit führenden jüdischen Vertretern des Landes ist er seit Jahrzehnten in engem Kontakt. So entstand im Zuge der langjährigen Freundschaft zwischen ihm und Rabbiner Abraham Skorka ein Buch über deren gemeinsame Ansichten mit dem Titel Über dem Himmel und der Erde. Aus Bergoglios Feder stammt der Satz »Dialog basiert auf dem gegenseitigen Respekt«.
Der Geistliche trat in Argentinien für mehr soziale Gerechtigkeit ein und ging dabei mit gutem Beispiel voran. Mit dem Jüdischen Weltkongress unterhielt die katholische Kirche in Buenos Aires das gemeinsame Hilfsprogramm »Tzedaka«, das in jenen Stadtvierteln Präsenz zeigte, wo sowohl Katholiken als auch Juden unter den schwierigen Bedingungen der Wirtschaftskrise zu Beginn des 21. Jahrhunderts lebten. Vielen in der jüdischen Gemeinde gilt er als ein Mann des Dialogs und der Verantwortung.