Die Heldin der Purim-Geschichte ist Esther, eine Frau. »Daher erscheint es sinnvoll, dass sich Frauen an dem Tag versammeln, um die Megilla gemeinsam zu lesen«, sagt die Rabbinatsassistentin der Israelitischen Gemeinde Basel (IGB).
Bereits zum dritten Mal findet an diesem Purim das Megilla-Lesen von Frauen für Frauen in der Kleinen Synagoge statt, wo sonst die Werktagsgottesdienste der Gemeinde abgehalten werden. Es mag überraschen, dass sich dieser Brauch in Basel zu etablieren scheint.
Dass Frauen unter sich bleiben, um die (wichtige) religiöse Pflicht des Vorlesens der Purim-Geschichte zu erfüllen, ist zwar aus modern-orthodoxen Gemeinden in Israel, den USA und England bekannt, doch sonst in Westeuropa eher die Ausnahme. Die IGB möchte dieses Megilla-Lesen der Frauen fördern und beteiligt sich daher auch an den Kosten.
Immerhin ein Mann ist dabei, wenn auch nur kurz: Gemeinderabbiner Mosche Baumel führt in das Thema ein und hält einen Vortrag.
Vorbereitung Zum ersten Mal allerdings wird die Megilla in Basel nicht nur von einer, sondern von verschiedenen Leinerinnen vorgetragen. Diese zu finden, sei jedoch gar nicht so einfach gewesen, sagt Mitorganisatorin Valérie Rhein. Aus diesem Grund kommen nicht alle Megilla-Vorbeterinnen aus Basel, sondern auch aus anderen Städten.
Der zeitliche Aufwand für das Vorbereiten der Veranstaltung sei nicht zu unterschätzen, sagt Rhein. Außerdem sei es für viele Frauen neu, in der Synagoge aktiv mitzuwirken. Es ermögliche jedoch eine neue spirituelle Erfahrung. Denn wer sich auf das Leinen, also das Lesen in der Tora oder eben auch der Megilla, vorbereite, der »taucht in den Text ein, setzt sich damit auseinander, und das ist spannend«, betont Rhein.
Man hoffe allerdings, ergänzt die Rabbinatsassistentin, dass sich in den nächsten Jahren mehr Frauen aus der Basler Gemeinde am Megilla-Vorlesen beteiligen werden. Um diese Pläne langfristig zu fördern, soll das Lernen des Megilla-Vortrags künftig Teil der Vorbereitung auf die Batmizwa sein.
Neben dem Megilla-Lesen kennt die jüdische Welt mittlerweile auch das Leinen von Frauen für Frauen an Simchat Tora.
Zum anderen hat man sich dieses Jahr die Dienste von Renana Tzin gesichert. Die Israelin ist nach Basel gekommen, um im Vorfeld interessierte Frauen auf das Megilla-Lesen einzustimmen. Tzin, die das Lesen der Megilla von ihrem Vater gelernt hat, ist auch an Purim selbst in Basel dabei. Sie hat sich bereit erklärt, Interessentinnen das Jahr über per Skype zu unterrichten.
Leinen Neben dem Megilla-Lesen kennt die jüdische Welt mittlerweile auch das Leinen von Frauen für Frauen an Simchat Tora. Auch das wird in Basel schon seit mehreren Jahren durchgeführt. »An jenem Feiertag steht vermutlich eher das Singen und Tanzen mit der Sefer Tora im Mittelpunkt«, meint Valérie Rhein, die auch dort zu den Organisatorinnen gehört. An Simchat Tora sei das Lesen vielleicht etwas weniger prominent als an Purim. Aber an beiden Festen sei es wichtig, dass Frauen in einem »geschützten Rahmen« ihre Erfahrungen machen könnten.
Die Teilnahme von männlichen Gemeindemitgliedern ist nicht vorgesehen, und man rechnet auch nicht damit, dass Männer auftauchen.
Immerhin ein Mann ist dabei, wenn auch nur kurz: Gemeinderabbiner Mosche Baumel führt in das Thema ein und hält zudem einen Vortrag. Doch während der Vorlesung selbst wird er nicht anwesend sein.
NEUGIERIGE Die Teilnahme von männlichen Gemeindemitgliedern ist nicht vorgesehen, und man rechnet auch nicht damit, dass Männer auftauchen. Doch zur Sicherheit wird ein Schild an der Synagogentür angebracht. Es soll Neugierige abhalten.
Wirklich Interessierte können das Ganze allerdings von außen mitverfolgen – zumindest akustisch. Denn wie überall auf der Welt werden auch die Beterinnen in Basel mit Rasseln und Trillerpfeifen sowie weiteren Instrumenten immer dann Lärm machen, wenn der Name des Schurken Haman fällt.