Schweiz

Männer müssen draußen bleiben

Eindeutig: Schild an der Synagogentür Foto: Peter Bollag

Die Heldin der Purim-Geschichte ist Esther, eine Frau. »Daher erscheint es sinnvoll, dass sich Frauen an dem Tag versammeln, um die Megilla gemeinsam zu lesen«, sagt die Rabbinatsassistentin der Israelitischen Gemeinde Basel (IGB).

Bereits zum dritten Mal findet an diesem Purim das Megilla-Lesen von Frauen für Frauen in der Kleinen Synagoge statt, wo sonst die Werktagsgottesdienste der Gemeinde abgehalten werden. Es mag überraschen, dass sich dieser Brauch in Basel zu etablieren scheint.

Dass Frauen unter sich bleiben, um die (wichtige) religiöse Pflicht des Vorlesens der Purim-Geschichte zu erfüllen, ist zwar aus modern-orthodoxen Gemeinden in Israel, den USA und England bekannt, doch sonst in Westeuropa eher die Ausnahme. Die IGB möchte dieses Megilla-Lesen der Frauen fördern und beteiligt sich daher auch an den Kosten.

Immerhin ein Mann ist dabei, wenn auch nur kurz: Gemeinderabbiner Mosche Baumel führt in das Thema ein und hält einen Vortrag.

Vorbereitung Zum ersten Mal allerdings wird die Megilla in Basel nicht nur von einer, sondern von verschiedenen Leinerinnen vorgetragen. Diese zu finden, sei jedoch gar nicht so einfach gewesen, sagt Mitorganisatorin Valérie Rhein. Aus diesem Grund kommen nicht alle Megilla-Vorbeterinnen aus Basel, sondern auch aus anderen Städten.

Der zeitliche Aufwand für das Vorbereiten der Veranstaltung sei nicht zu unterschätzen, sagt Rhein. Außerdem sei es für viele Frauen neu, in der Synagoge aktiv mitzuwirken. Es ermögliche jedoch eine neue spirituelle Erfahrung. Denn wer sich auf das Leinen, also das Lesen in der Tora oder eben auch der Megilla, vorbereite, der »taucht in den Text ein, setzt sich damit auseinander, und das ist spannend«, betont Rhein.

Man hoffe allerdings, ergänzt die Rabbinatsassistentin, dass sich in den nächsten Jahren mehr Frauen aus der Basler Gemeinde am Megilla-Vorlesen beteiligen werden. Um diese Pläne langfristig zu fördern, soll das Lernen des Megilla-Vortrags künftig Teil der Vorbereitung auf die Batmizwa sein.

Neben dem Megilla-Lesen kennt die jüdische Welt mittlerweile auch das Leinen von Frauen für Frauen an Simchat Tora.

Zum anderen hat man sich dieses Jahr die Dienste von Renana Tzin gesichert. Die Israelin ist nach Basel gekommen, um im Vorfeld interessierte Frauen auf das Megilla-Lesen einzustimmen. Tzin, die das Lesen der Megilla von ihrem Vater gelernt hat, ist auch an Purim selbst in Basel dabei. Sie hat sich bereit erklärt, Interessentinnen das Jahr über per Skype zu unterrichten.

Leinen Neben dem Megilla-Lesen kennt die jüdische Welt mittlerweile auch das Leinen von Frauen für Frauen an Simchat Tora. Auch das wird in Basel schon seit mehreren Jahren durchgeführt. »An jenem Feiertag steht vermutlich eher das Singen und Tanzen mit der Sefer Tora im Mittelpunkt«, meint Valérie Rhein, die auch dort zu den Organisatorinnen gehört. An Simchat Tora sei das Lesen vielleicht etwas weniger prominent als an Purim. Aber an beiden Festen sei es wichtig, dass Frauen in einem »geschützten Rahmen« ihre Erfahrungen machen könnten.

Die Teilnahme von männlichen Gemeindemitgliedern ist nicht vorgesehen, und man rechnet auch nicht damit, dass Männer auftauchen.

Immerhin ein Mann ist dabei, wenn auch nur kurz: Gemeinderabbiner Mosche Baumel führt in das Thema ein und hält zudem einen Vortrag. Doch während der Vorlesung selbst wird er nicht anwesend sein.

NEUGIERIGE Die Teilnahme von männlichen Gemeindemitgliedern ist nicht vorgesehen, und man rechnet auch nicht damit, dass Männer auftauchen. Doch zur Sicherheit wird ein Schild an der Synagogentür angebracht. Es soll Neugierige abhalten.

Wirklich Interessierte können das Ganze allerdings von außen mitverfolgen – zumindest akustisch. Denn wie überall auf der Welt werden auch die Beterinnen in Basel mit Rasseln und Trillerpfeifen sowie weiteren Instrumenten immer dann Lärm machen, wenn der Name des Schurken Haman fällt.

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  18.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens: Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen

von Jürgen Prause  18.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  17.11.2025

Mexiko

Antisemitisches Graffiti gegen Claudia Sheinbaum sorgt für Empörung

Die Worte »puta judía« wurden auf Gebäude des Obersten Gerichtshofs geschmiert. Die jüdische Gemeinschaft des lateinamerikanischen Landes verurteilt den sich immer wieder äußernden Judenhass

 17.11.2025

USA

6500 Rabbiner auf einem Foto

»Kinus Hashluchim«: Das jährliche Treffen der weltweiten Gesandten von Chabad Lubawitsch endete am Sonntag in New York

 17.11.2025

"Stiller & Meara"

Abschied von den Eltern

Leinwandstar Ben Stiller hat eine erstaunlich persönliche Doku über seine berühmte Familie gedreht

von Patrick Heidmann  16.11.2025

Jerusalem

Nach Streit: Zionistischer Weltkongress einigt sich

Zwei Wochen lang zogen sich die Verhandlungen in dem globalen jüdischen Gremium hin. Nun gibt es ein Abkommen, das der Mitte-links-Block als Sieg für sich wertet

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Kiew

Bargeldberge, Geschäfte und Liebschaften auf Russisch 

Eingeschweißtes Bargeld aus US-Notenbanken, Liebe unter Ministern, heimlicher Hauskauf im Ausland und alles in der falschen Sprache. Die Korruption in der Ukraine bietet Stoff für einen Thriller

von Andreas Stein  14.11.2025

Award

Sarah Jessica Parker erhält Golden-Globe-Ehrenpreis

Die Schauspielerin soll für besondere Verdienste um das Fernsehen ausgezeichnet werden

 14.11.2025