Der Lufthansa-Konzern will mehr als 120 Juden aus New York, die Anfang Mai in Frankfurt vom Weiterflug nach Budapest ausgeschlossen worden waren, eine Entschädigung von rund 21.000 US-Dollar pro Passagier zahlen. Das wurde auf der amerikanischen Reise-Webseite »Dan’s Deals« am Dienstag mitgeteilt. Damit würden die Betroffenen für den ihnen entstanden Schaden und Ärger kompensiert. »Die Schecks werden in Kürze verschickt«, berichtete »Dan’s Deal«.
Dem Blog zufolge wurde der Deal von einer Anwaltskanzlei ausgehandelt, die nun 18 Prozent der erstrittenen Entschädigung als Honorar erhalten soll. Nach Abzug dieser sowie weiterer Kosten wird der Webseite zufolge jeder betroffene Passagier etwa 17.400 Dollar netto erhalten. Insgesamt würde der Vorfall, sollten die kolportierten Summen stimmen, das Unternehmen mehrere Millionen Euro kosten – vom Imageschaden abgesehen.
Lufthansa-Sprecher Martin Leutke bestätigte auf Nachfrage gegenüber dieser Zeitung, dass mit den meisten der Passagiere eine Einigung erzielt worden sei, wollte aber keine Einzelheiten nennen.
Am 4. Mai hatten sich auf dem Flug von New York nach Frankfurt zahlreiche Personen an Bord geweigert, die Maskenpflicht einzuhalten und den Anweisungen des Lufthansa-Kabinenpersonals Folge zu leisten.
Als Konsequenz sprach die Lufthansa ein Beförderungsverbot aus und schloss 128 für den Flug nach Budapest gebuchte und als Juden erkennbare Passagiere in Frankfurt vom Weiterflug aus. Rund 20 Beamte der Bundespolizei und der hessischen Polizei kamen zum Flugsteig, um zu verhindern, dass die Ausgeschlossenen den Flieger bestiegen. Einige Reisende warfen den Polizisten Antisemitismus vor.
Zudem war auf einem Handyvideo eine Mitarbeiterin der deutschen Fluggesellschaft zu sehen, die den kollektiven Ausschluss damit rechtfertigte, dass es die »jüdischen Leute« gewesen seien, die »das Chaos« an Bord des Flugs von New York nach Frankfurt verursacht hätten.
KONSEQUENZEN Später entschuldigte sich das Unternehmen unter anderem beim Zentralrat der Juden in Deutschland, Josef Schuster, und kündigte Konsequenzen aus dem Vorfall an, darunter die Schaffung einer Führungsposition zur Bekämpfung von Diskriminierung und Antisemitismus und eine bessere Mitarbeiterschulung.
Eine hausinterne Untersuchung kam zu dem Schluss, dass es keine Anhaltspunkte für »Antisemitismus, Vorurteile oder vorsätzliches Verhalten von Lufthansa-Vertretern« gebe, sagte ein Konzernsprecher im September dieser Zeitung. Vielmehr sei dem Ausspruch der Nichtbeförderung »ein Verhalten mehrerer jüdisch-orthodoxer Passagiere« vorausgegangen, welches »nicht den amerikanischen und deutschen Vorschriften« entsprochen habe.
Im September unterzeichnete die Lufthansa schließlich die IHRA-Arbeitsdefinition zum Antisemitismus.