In einem von der Stadt Brüssel vor dem Hauptquartier der Europäischen Kommission am Rond-Point Schuman errichteten Zelt voller Weihnachtsbäume gab sich am Donnerstagabend die Präsidentin der größten EU-Institution höchstselbst die Ehre: Ursula von der Leyen kam zur Feier des European Jewish Community Centre (EJCC) und entzündete die erste Kerze der riesigen »Eurochanukkia«.
Wie am Brandenburger Tor in Berlin gibt es seit einigen Jahren auch im Brüsseler Europaviertel eine illuminierte Menora. Von der Leyen, die eine Wohnung im Hauptgebäude der Kommission hat, nannte die Chanukka-Feier vor ihrer Haustür eine »wunderbare Idee«.
BOTSCHAFT Alle Europäer könnten etwas von diesem jüdischen Fest lernen, sagte sie. »Chanukka ist eine Geschichte der Unverwüstlichkeit und der Beharrlichkeit, es ist die Geschichte, wie das jüdische Volk trotz aller Widrigkeiten und unter Umständen, die verzweifelt schienen, das Licht im Tempel wieder entzündete.« Das Lichterfest enthalte eine »Botschaft der Hoffnung für uns alle in diesen Zeiten der Pandemie und des Aufschwungs.«
Von der Leyen würdigte erneut den Beitrag des europäischen Judentums zur Entstehung des modernen Europas und «zur Ausformung unserer europäischen Identität«. Die Juden seien «ein Licht für die Völker” gewesen – »genau wie die Kerzen, die wir jetzt anzünden werden.«
STRATEGIE Man werde den Antisemitismus in Europa niemals hinnehme, so von der Leyen. Sie habe ihre Mitarbeiter deshalb gebeten, nicht nur eine europäische Strategie zum Kampf gegen den Judenhass auszuarbeiten, sondern auch eine zur Förderung jüdischen Lebens. Wenn die Bürger Europas nichts oder wenig über einen »wesentlichen Teil unserer europäischen Kultur« wüssten, sei dies ein Problem, so von der Leyen. »Deshalb legt die Strategie großen Wert darauf, unseren Kindern jüdische Geschichte zu vermitteln und das jüdische Erbe in unseren Städten zu fördern. Denn jüdische Geschichte ist unsere Geschichte, jüdisches Leben ist unser Leben, jüdisch ist Europa. Lassen Sie uns das fördern und feiern!«
Sprach’s und begabt sich gut gesichert in einen Hebekran, um in rund zehn Metern Höhe die erste Kerze der »Eurochanukkia« anzuzünden, die aus Anlass des jüdischen Lichterfestes aufgestellt wurde.
SECOND GENTLEMAN Nicht nur in Brüssel, auch in Washington war die politische Chefetage diese Woche mit Kerzenzünden beschäftigt. Seit 2001 richtet das Weiße Haus auch eine Menora-Zeremonie aus. Doug Emhoff, Ehemann der Vizepräsidentin Kamala Harris, der in den USA auch als »Second Gentleman« bezeichnet wird, zündete die erste Kerze im Beisein von Präsident Joe Biden und dessen Frau Jill an.
»Heute stehe ich hier vor Ihnen als der erste jüdische Ehepartner eines amerikanischen Präsidenten oder Vizepräsidenten und feiere Chanukka im Haus des Volkes«, sagte Emhoff. Er stehe »im Namen aller jüdischen Familien und Gemeinden in unserem Land vor Ihnen« und er wisse das zu schätzen. »Unsere Geschichte und unsere Werte als Juden sind ein wesentlicher Bestandteil dessen, was wir als Amerikaner sind.«