Mehr als 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wird Lettland die jüdische Gemeinde für Hunderte während des Holocausts enteignete Gebäude endlich »entschädigen«. Das Parlament in Riga beschloss am Donnerstag ein Gesetz, das Entschädigungszahlungen in Höhe von 40 Millionen Euro vorsieht.
Damit sollen »die historischen ungerechten Folgen« beseitigt werden, die sich aus dem Holocaust und den Aktivitäten unter sowjetischer Herrschaft ergeben haben, hieß es in einer Mitteilung des Parlaments. Das Geld soll von 2023 an über einen Zeitraum von zehn Jahren in jährlichen Raten von 4 Millionen Euro an einen Restitutionsfonds der jüdischen Gemeinde fließen.
Lettland war im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Nazi-Deutschland besetzt. Während der deutschen Besatzung zwischen 1941 und 1944 wurden mehr als 70 000 Juden getötet. Nach Kriegsende war der Baltenstaat bis 1991 unfreiwillig Teil der Sowjetunion, seit 2004 gehört Lettland der EU und der Nato an.
In den Anmerkungen zu dem gegen Vorbehalte der nationalkonservativen Regierungspartei Nationale Allianz verabschiedeten Gesetz wird betont, dass Lettland nicht für die Wegnahme jüdischen Eigentums und den Holocaust verantwortlich sei. Doch wäre es demnach »ethisch und fair«, wenn der wiederhergestellte Staat die lettische jüdische Gemeinde für die erlittenen Immobilienverluste entschädige.
Die jüdische Gemeinde Lettlands, die World Jewish Restitution Organization (WJRO) und auch US-Außenminister Antony Blinken begrüßten die Verabschiedung des Gesetzes. In Lettland blieb die Entschädigung jüdischer Eigentümer lange ungeklärt - wiederholt scheiterten Wiedergutmachungsgesetze.