Das Thema moderner und gegenwärtiger Antisemitismus sollte Pflicht an britischen Schulen werden. Das forderte kürzlich der unabhängige britische parlamentarische Berater zu Fragen des Antisemitismus, Lord John Mann.
Derartige Unterrichtsstunden sollten zusätzlich zum bereits bestehenden Unterricht über den Holocaust in den britischen Schulunterricht der Sekundarstufe aufgenommen werden, empfahl Mann. Die Forderung war Teil eines neuen Berichts, der sich mit der Frage auseinandersetzte, wie das Vereinigte Königreich besser gegen gegenwärtigen Antisemitismus vorgehen könne. Gerade junge Menschen würden durch antijüdische Hetze in rechtsextremen sozialen Medien beeinflusst, so der Bericht. Derartige Propaganda führe dann oft zu tatsächlichen Angriffen auf jüdische Menschen, darunter auch Kinder.
massnahmen »Ich bitte alle Zuständigen der britischen Regierung und der einzelnen Nationalregierungen in Wales, Nordirland und Schottland, zu handeln, bevor die Köpfe junger Menschen mit dieser Form des Rassismus vergiftet werden«, sagte Mann. Dabei empfahl er weiter, dass die Maßnahmen an allen Schulen, sowohl an staatlichen als auch an privaten, eingeführt werden sollten.
Wie an vielen Orten weltweit nimmt der Antisemitismus auch im Vereinigten Königreich zu. Laut der britisch-jüdischen Sicherheitsgruppe Community Security Trust (CST) gab es 2022 insgesamt 2255 judenfeindliche Vorfälle – das entspricht einer Zunahme von 34 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Laut einer Studie der neokonservativen Denkfabrik Henry Jackson Society haben sich die Vorfälle allein an englischen Schulen während der vergangenen fünf Jahre gar verdreifacht. Waren es im Jahr 2017 noch 60, betrug im Jahr 2022 die Gesamtzahl der als antisemitisch erfassten Vorfälle 164. »Wenn das Ausmaß solcher antisemitischen Vorfälle unter jungen Menschen nicht bewältigt werden kann, stehen wir sowohl in der Zukunft als auch in der Gegenwart ernsten Problemen gegenüber«, warnte Mann.
Da sich altersbedingt immer weniger Zeitzeugen an der Vermittlung des Holocaust im Unterricht beteiligen könnten, sei es umso wichtiger, digitale Ressourcen zugänglich zu machen. Lehrerinnen und Lehrern sowie Schulleitungen müssten zudem verbesserte Richtlinien zum Umgang mit antisemitischen Vorfällen an ihren Schulen an die Hand gegeben werden. Dazu zählten, so Mann, auch jene, die außerhalb der Schule jüdische Kinder und Jugendliche zu Opfern machen oder von jungen Menschen begangen werden.
SICHERHEIT Zusätzlich forderte Lord Mann weitere Anstrengungen, um die Sicherheit jüdischer Studentinnen und Studenten an britischen Universitäten zu gewährleisten. Auch gegenüber den neuen Richtlinien auf Twitter, denen zufolge der neue Besitzer Elon Musk ein absolutes Meinungsrecht propagiert, sprach sich Mann kritisch aus. Er riet Regierungsverantwortlichen, Sorge zu tragen, dass Online-Plattformen jeglichen gegen jüdische Menschen gerichteten Hass eliminierten oder dafür zur Verantwortung gezogen würden. Dabei sollten auch gerade kleinere Plattformen nicht aus dem Auge verloren werden.
In einer Erklärung gab die britische Regierung unterdessen an, dass Antisemitismus sowie jegliche Form von Mobbing und Hass zu verabscheuen seien und es dafür innerhalb des britischen Erziehungssystems keinen Platz geben dürfe. Eine britische Regierungssprecherin unterstrich, dass die Grausamkeiten des Holocaust bereits Teil des Pflichtunterrichts seien und man die Erarbeitung eines Lehrplans unterstütze, der zur Diskussion wichtiger Themen wie des Antisemitismus führe.