Mit Abenteuerlust, Todesmut und unbändigem Lebenswillen übersteht der neunjährige Srulik 1942 die Flucht aus dem Warschauer Ghetto. Die Deutschen jagen hinter ihm her, einige Kollaborateure verraten ihn. In Wäldern und Dörfern helfen ihm polnische Partisanen und Bauersfrauen. Sie geben ihm zu essen, verstecken ihn unter Lebensgefahr, pflegen ihn und warnen ihn vor neuer Gefahr: Lauf, Junge, lauf!
Ghetto Als der Regisseur und Oscar-Preisträger Pepe Danquart seinen Film Anfang Januar in Warschau vorstellt, ist auch Yoram Fridman (79) dabei, dessen Jugendjahre in dem Streifen verfilmt wurden. Er lebt seit vielen Jahren in Israel. Alle Plätze sind besetzt im großen Saal des neuen Museums der Geschichte der Juden Polens. Vor 70 Jahren stand hier das Gebäude des Judenrates. Die Nazis hatten das Ghetto im Zentrum der polnischen Hauptstadt errichtet. Bis heute erinnert vor dem Museum das Denkmal des Ghettoaufstands an den Überlebenskampf der polnischen Juden.
Auch zwei Schulklassen sind zur Premiere gekommen. Die Jugendlichen sind aufgeregt. Es beeindruckt sie, wie der Junge ganz allein den Krieg überlebt, im Wald, bei Bauern – immer auf der Flucht vor den Nazis. Als er sich in einer Mühle die Hand zerquetscht, will ein polnischer Arzt »den Juden« nicht operieren. Fast stirbt er, doch am nächsten Tag entdeckt ein anderer polnischer Arzt den wimmernden Jungen, operiert ihn sofort und rettet ihm so das Leben.
Kritiker Inzwischen ist der Film in den polnischen Kinos angelaufen. Die Reaktionen sind verhalten. Viele Kritiker befürchteten, dass auch dieser Streifen – wie zuvor der Dreiteiler Unsere Mütter, unsere Väter – die katholischen Polen vor allem als Antisemiten und Nazi-Kollaborateure zeigen könnte. Doch in der französisch-polnisch-deutschen Produktion kommen gute und böse Polen wie Deutsche vor. Zudem sagte Fridman bei der Premiere in Warschau: »So war es. Zu 90 Prozent war es genau so!«
Für die Kinder im Publikum ist die Verleugnung der eigenen Identität als Jude, um überleben zu können, eine der wichtigsten Fragen. Tadeusz Sobolewski, Filmkritiker der Tageszeitung Gazeta Wyborcza, bezweifelt dies. Er glaubt nicht, dass Jugendliche, die mit Harry Potter und Batman groß geworden seien, im Film Lauf, Junge, lauf! mehr als ein schlichtes Kinderabenteuer erkennen. Vielleicht hätte Sobolewski mit den Jugendlichen im Premierenpublikum reden sollen.