Türkei

»Kreuzritter und Zionisten«

In türkischen Medien herrscht ein Ton, der polarisiert. Foto: dpa

Es ist ein gefährlicher Trend: In türkischen Medien herrscht ein Ton, der polarisiert, die Gesellschaft spaltet und sie an den Abgrund bringt. Zuletzt war in der Silvesternacht mindestens ein Terrorist in einen Istanbuler Nachtclub gestürmt und tötete 39 Menschen.

Regierungsnahe Journalisten geben die Schuld an der Misere des Landes sogenannten Feinden, sowohl im Inneren als auch im Ausland. Regierungskritische Medien gibt es praktisch keine mehr.

Putschversuch Der Ton gegen die »Feinde« hat sich nach dem Putschversuch vom 15. Juli nochmals verschärft. Der »Westen« und die »Zionisten« hätten bei dem Umsturzversuch mitgeholfen, heißt es immer wieder. Der Kolumnist Tamer Korkmaz greift in der Zeitung »Yeni Safak« die New York Times an.

Das Blatt sei das Hauptmedium der »Kreuzritter- und Zionistenfront«. Korkmaz kritisiert, dass der in den USA lebende muslimische Prediger Fethullah Gülen in dem Blatt einen Artikel verfasst hat. Damit habe Gülen dem Westen signalisiert, dass er unter dessen Befehl steht. Der Prediger gilt derzeit in der Türkei als Staatsfeind Nr. 1

In seiner Fernsehsendung warnt Erkan Tan sehr oft davor, dass sich »Kreuzritter und Zionisten« an den Türken für die Eroberung von Konstantinopel rächen wollten. Auch Abdurrahman Dilipak gehört zu den Journalisten, die immer wieder den Westen für das Chaos im Nahen Osten verantwortlich machen. In der Zeitung »Yeni Akit« warnte er »die Zionisten«: »Die Welt wird über euch zusammenbrechen.«

Zwar hat es in der Türkei immer einen gewissen Grad an Antisemitismus gegeben, doch seit einigen Jahren nimmt er deutlich zu. Mitglieder der Regierung benutzen dieselbe antisemische Rhetorik wie türkische Medien. So behauptete Umwelt- und Waldminister Veysel Eroglu kürzlich, Gülen werde in den USA sterben und »auf einem jüdischen Friedhof beigesetzt«.

Kritik kam von der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP und von jüdischer Seite. »Herr Minister, wir fordern Aufklärung für Ihre Worte. Die Friedhöfe stehen unter unseren Heiligtümern an oberster Stelle«, ließ der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in der Türkei, Ishak Ibrahimzadeh, mitteilen.

Terror Auch Mois Gabay von der jüdischen Zeitung Salom kritisierte den Minister. »Wissen Sie eigentlich, wer die türkischen Juden sind, die Sie durch hasserfüllte antisemitische Begriffe ausgrenzen und verletzen?«, fragt Gabay in seiner Kolumne. Es seien türkische Juden wie Großrabbiner Ishak Haleva. Der Geistliche besuchte kürzlich nach einem Terroranschlag verletzte Polizisten und nahm an den Beerdigungsfeierlichkeiten teil.

USA

Loyal und radikal

Der künftige Präsident Donald Trump vergibt wichtige Ministerposten an Personen, die bislang nicht durch Kompetenz aufgefallen sind, sondern eher durch Kontroversen von sich reden machten

von Michael Thaidigsmann  21.11.2024

Nachruf

Der Vater des Budget-Tourismus ist tot

Arthur Frommer wurde 95 Jahre alt

von Imanuel Marcus  20.11.2024

New York/Malibu

»Mein Name ist Barbra«

Die Streisand-Autobiografie erscheint auf Deutsch

von Christina Horsten  20.11.2024

Schweiz

Konservative Christen gegen den ESC

Eine Minipartei erwirkt ein Referendum gegen das hohe Rahmenbudget für den Eurovision Song Contest. Dabei geht es auch um Israel

von Peter Bollag  19.11.2024

Italien

Schoa-Überlebende rügt Papst für Genozid-Kommentar

Edith Bruck ist 93 Jahre alt und mit Papst Franziskus befreundet. Jetzt hat sie ihn aber mit deutlichen Worten kritisiert

 19.11.2024

Medien

Ausweitung der Kampfzone

Die israelfeindlichen Täter haben die »NZZ« ganz bewusst zum Abschuss freigegeben. Ein Kommentar

von Nicole Dreyfus  19.11.2024

Tschechien

Oscar-reifer Held am Mikrofon

»Wellen« feiert den KZ-Überlebenden Milan Weiner, der 1968 die Sowjets in Schach hält

von Kilian Kirchgeßner  17.11.2024

USA

Impfgegner, Verschwörungstheoretiker, Gesundheitsminister

Donald Trump beruft mit Robert F. Kennedy einen Mann als Gesundheitsminister, der auch durch antisemitische Verschwörungstheorien von sich reden macht

von Michael Thaidigsmann  15.11.2024

Imanuels Interpreten (1)

Flora Purim: Das Unikum

Die in Rio de Janeiro geborene Sängerin liefert eine einzigartige Melange der Klänge

von Imanuel Marcus  15.11.2024