Seit vier Jahren hat der 18. März in der russischen Politik eine besondere Bedeutung. Zwei Tage nach dem gesetzwidrigen Referendum, das zur Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland führte, wurde am 18. März 2014 im Kreml der Vertrag über die Eingliederung der Republik Krim sowie der Stadt Sewastopol feierlich unterzeichnet. Unmittelbar zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin die sogenannte Krim-Rede gehalten. Mit seinem aggressiven Ton gegenüber dem Westen markierte sein Auftritt eine deutliche Veränderung der russischen Außenpolitik.
Die Tatsache, dass die Präsidentschaftswahlen in Russland vier Jahre später an einem 18. März stattfinden, hat Symbolcharakter. Schließlich gilt die Annexion der Krim für viele Russen als die bislang größte Errungenschaft der Putin-Ära. Die Bevölkerung der Halbinsel war anfänglich von der Annexion begeistert, doch seit die Krim international isoliert ist, stagniert die Wirtschaft.
Nichtsdestoweniger bleibt Wladimir Putin gerade dort ein unumstrittener Held. Und während sein erneuter Wahlsieg nach der Nichtzulassung des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny auch generell noch sicherer ist als zuvor, sieht es ganz danach aus, als ob er gerade auf der annektierten Halbinsel sein bestes Ergebnis erzielen könnte.
Kreml Auch die von Jan Epschtejn angeführte national-kulturelle Autonomie der Krim-Juden fährt einen kremltreuen Kurs. Doch sind bei Weitem nicht alle Juden auf der Halbinsel mit Wladimir Putin und der Entwicklung der vergangenen Jahre zufrieden.
»Mein Eindruck ist, dass besonders viele Juden hier der zu erwartenden Wiederwahl Putins mit Skepsis begegnen«, sagt eine 50-jährige jüdische Kleinunternehmerin aus Jewpatoria, die nicht möchte, dass ihr Name in der Zeitung steht. »Die Krim hat sich in den vergangenen Jahren nicht gut entwickelt. Für die erfolgreiche Zukunft der Halbinsel muss die ganze Krim-Frage gelöst werden. Doch es ist unwahrscheinlich, dass Putin da auf Kompromisse eingehen wird.«
Der 41-jährige Unternehmer Sergej Gandelman aus der Inselhauptstadt Simferopol kontert: »Für mich ist Putin alternativlos.« Man könne es nicht negativ bewerten, dass die Krim nun zu Russland gehört. »Geschichtlich gesehen betrachte ich das als positiv.« Er habe das Gefühl, dass Russland sich deutlich mehr um nationale Minderheiten kümmert, sagt Gandelman. »Früher war das ein Randthema, nun ist viel Bewegung drin.«
Annexion Tatsächlich versucht Moskau seit der Annexion der Krim, ein großes Netz von national-kulturellen Autonomien verschiedener Minderheiten aufzubauen. Die sollen sich in erster Linie um die sogenannte Volksdiplomatie kümmern. »Offizielle Wege für die Anerkennung der Krim als russisches Territorium sind uns verschlossen, deshalb versuchen wir, durch die Volksdiplomatie die Aufmerksamkeit der Ausländer auf die tatsächliche Realität auf der Krim zu lenken«, beschreibt Marija Sacharowa, offizielle Vertreterin des russischen Außenministeriums, die Ziele des Projekts.
Auch Jan Epschtejn trifft im Rahmen der Volksdiplomatie oft ausländische Delegationen – die allerdings häufig aus Vertretern europäischer Rechts- und Linksaußen-Parteien bestehen. »Früher oder später werden wir dieses Schweigen brechen«, sagt Epschtejn, der davon überzeugt ist, dass sich die Krim in die richtige Richtung entwickelt: »Es gibt keinen Grund, der Vergangenheit nachzutrauen. Wir haben erfolgreiche Jahre hinter uns – und die jüdische Gemeinde, die früher nie wirklich zusammen auftreten konnte, ist deutlich zusammengerückt.«
Dass Putin am 18. März erneut zum russischen Präsidenten gewählt wird, stellen die Juden auf der Krim nicht infrage. Die Herausforderung ist vielmehr, wie sie mit einer weiteren Amtszeit Putins umgehen werden. Da gibt es reichlich positive, aber auch etliche kritische Stimmen. Letztere sind allerdings selten zu hören, denn auf der Krim ist Putin viel zu beliebt, um ihn öffentlich zu kritisieren.