Alle Jahre wieder versammeln sich in St. Moritz, dem Schweizer Nobelkurort auf 1800 Meter Höhe, Gäste aus aller Welt zu Chanukka. St. Moritz ist eine der wenigen Destinationen des Landes, in denen koschere Ferien überhaupt noch möglich sind, wenn auch preislich im oberen Segment angesiedelt. Denn für das Angebot zeichnet das Fünf-Stern-Hotel Kempinski verantwortlich, das einen Teil seiner Zimmer und der Infrastruktur zur Verfügung stellt.
Seit Jahren sind Angebote an Chanukka Tradition, auch 2021. Allerdings läuft aufgrund der aktuellen Corona-Lage dieses Jahr die Chanukka-Woche ein wenig anders ab als geplant. »Mit Gästen aus Israel können wir natürlich nicht rechnen«, sagt Arieh Wagner, der Koscher-Caterer und Organisator. Und wie viele andere in- und ausländische Gäste tatsächlich den Weg nach St. Moritz gefunden haben, war bis Redaktionsschluss nicht klar.
qualität Die Freude am Lichterfest an einem so hoch gelegenen Ort soll das aber auch in diesem Jahr nicht schmälern. So gibt es selbstverständlich auch jetzt die traditionellen Sufganiot zu essen: »Unser Maschgiach hat dem Hotel-Bäcker im vergangenen Jahr gezeigt, wie man dieses Gebäck am besten herstellt, und der Erfolg war groß«, erzählt Arieh Wagner. Selbst israelische Gäste hätten betont, die Qualität sei genauso hoch wie in ähnlichen Häusern in Israel.
Für das St. Moritzer Angebot gilt die Regel: Während der »Koscher-Wochen« wohnen die jüdischen Gäste in dem einen Flügel des Fünf-Sterne-Hauses, die übrigen im anderen.
Zwar läuft das nicht immer ohne Probleme ab, doch hat man im Laufe der Jahre einen Weg gefunden, beide Welten nebeneinander einigermaßen zufriedenzustellen.
SKIFAHREN Sowohl die Chanukka-Woche als auch eine weitere Winterwoche im Januar und meistens auch das Purim-Angebot bietet den jüdischen Touristen auch die Möglichkeit, Skifahren zu gehen. »Manche unserer Gäste – vor allem Israelis – stehen hier zum ersten Mal auf Ski«, erzählt der 50-jährige Wagner.
Die Wochen in St. Moritz sind für den Familienvater selbst immer auch eine Art Heimkehr. Denn Arieh Wagner ist in den Schweizer Bergen aufgewachsen, allerdings nicht in St. Moritz, sondern in Grindelwald im Kanton Bern. Dort betrieben seine Eltern jahrzehntelang das familieneigene Koscher-Hotel »Silberhorn«, in dem Arieh, zusammen mit seinen beiden Brüdern, von Kindes Beinen erlebt hat, was koschere Hotellerie in den Bergen bedeutet.
Und weil sein Vater Meir Wagner Kontakte rund um die ganze Welt pflegte, tauchten neben vielen langjährigen Gästen auch Prominente im »Silberhorn« auf. So kam etwa der einstige israelische Ministerpräsident Jitzchak Schamir immer wieder nach Grindelwald, um dort seine wenigen jährlichen Ferientage zu verbringen.
Buckingham-Palast Der vor einiger Zeit verstorbene Meir Wagner war mehr als nur einmal auch im Londoner Buckingham-Palast zu Gast, dem Sitz der britischen Königsfamilie. Davon hat möglicherweise auch sein Sohn profitiert, der dort schon einige Male bei verschiedenen Anlässen seine Dienste als Koscher-Caterer anbieten durfte. So bereitete er beispielsweise vor zwei Jahren einen großen Empfang vor, den Prinz Charles ausrichtete, um die Verdienste der jüdischen Gemeinschaft für Großbritannien zu würdigen.
Das ist für Arieh Wagner allerdings bereits Geschichte, denn zuletzt waren seine koscheren Dienste in einem ganz anderen Umfeld gefragt: nämlich in Dubai, das nach den »Abraham-Abkommen« auf einmal auch auf der Agenda des koscheren Tourismus steht. Wagner möchte diese Erfahrung nicht missen, auch aus einem Grund, der Europäer überraschen wird und sehr zu denken gibt: »Zeitweise habe ich mich dort in Dubai sicherer gefühlt, mit einer Kippa herumzugehen, als in mancher europäischen Stadt.«
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