Schweiz

Konservative Christen gegen den ESC

Wurde in Malmö heftig angefeindet: Eden Golan Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU) ist eine christlich-fundamentalistische Schweizer Minipartei. Im Parlament stellt sie mit einem Stimmenanteil von rund einem Prozent gerade einmal zwei der 200 Abgeordneten. Im Kanton Basel-Stadt, wo es so viele Konfessionslose wie nirgendwo sonst im Land gibt, spielt die EDU seit Jahrzehnten überhaupt keine Rolle.

Doch ausgerechnet hier müssen sich die Stimmbürgerinnen und -bürger am 24. November mit einer Vorlage befassen, die nur dank der EDU zustande gekommen ist und vermutlich weit über die Landesgrenzen für Aufsehen sorgen wird: Die Polit-Christen haben mit einem Referendum eine Abstimmung über einen Kredit von rund 37 Millionen Franken (rund 35 Millionen Euro) für den im Mai 2025 in Basel stattfindenden Eurovision Song Contest (ESC) erzwungen. Diesen Betrag hatte das Basler Kantonsparlament versprochen, um das Rahmenprogramm des musikalischen Wettstreits zu finanzieren.

Fan-Zonen und Show-Acts

Geplant sind etwa Fan-Zonen und Show-Acts, die nicht direkt am ESC teilnehmen. Der Wettbewerb selbst wird vom Schweizer Radio und Fernsehen (SRG) zusammen mit der European Broadcast Union (EBU) organisiert und finanziert. Der ESC wird auf jeden Fall stattfinden. Geht es nach der EDU, aber in deutlich bescheidenerem Rahmen als bisher geplant. Denn die christlichen Fundamentalisten wollen nicht, dass Basel ein »unchristliches«, ja »satanisches« Spektakel finanziell unterstützt. So behaupten sie, der Wettbewerb sei eine »Gehirnwäsche« durch »Homosexuelle, Nonbinäre und andere«. Außerdem sei der Eurovision Song Contest mittlerweile »hochpolitisch«, wie sich etwa 2023 gezeigt habe, als die Ukraine gewonnen hat.

Nicht zuletzt aber stören sich die EDU-Mitglieder, die schon immer einen entschieden pro-israelischen Standpunkt vertreten haben, allerdings auch dem Missions-Gedanken gegenüber dem Judentum nicht abgeneigt sind, an den Bildern vom diesjährigen ESC-Austragungsort Malmö: Die massiven anti-israelischen Proteste vor und das Verhalten einiger Sängerinnen und Sänger in der Halle gegenüber der israelischen Repräsentantin Eden Golan seien hochgradig antisemitisch gewesen, wirft die EDU der Veranstaltung vor.

Zumindest mit diesem Argument stoßen die Hardcore-Christen beim Hauptveranstalter SRG sogar auf gewisses Verständnis. So sagte ESC-Aufsichtsratschef Bakel Walden als SRG-Vertreter in einem Zeitungsinterview, Malmö sei zwar ein »tolles ESC-Finale« gewesen, doch dürften »gewisse Dinge sich nicht wiederholen«. Und damit auch jeder versteht, was er meinte, fügte Walden noch den Satz hinzu: »Antisemitismus darf in Basel keine Chance haben.«

Safe Spaces hinter der Bühne

Aus diesem Grund soll es beim Finale in der Schweiz hinter der Bühne unter anderem sogenannte Safe Spaces, sichere Räume, geben, in denen die Künstlerinnen und Künstler sich ungestört von jeglichem Publikumskontakt aufhalten können. Filmen soll dort beispielsweise nicht erlaubt sein.

Der EDU aber reichten diese Zusicherungen offenbar nicht – und mit ihrem Referendum, für das sie auch in jüdischen Kreisen Unterstützung suchte, hat sie bereits einen ersten Erfolg erzielt: Statt der gesetzlich vorgeschriebenen 2000 konnte die Partei knapp 4000 Unterschriften einreichen, die für eine Abstimmung nötig sind – und dies trotz der Herbstferien, in denen sehr viele Basler verreist waren.

Über die Erfolgschancen an der Urne sagt diese Zahl allerdings noch nichts aus: Mit ihrem Anliegen steht die Union jedenfalls bei den Parteien völlig allein da – selbst die anti-»woke« und ebenfalls meist israelfreundliche Schweizerische Volkspartei (SVP) hat für den Kredit gestimmt.

USA

Wer Jude ist, bestimmt nun er

Donald Trump wird immer mehr wie der berühmt-berüchtigte Wiener Bürgermeister Karl Lueger

von Michael Thaidigsmann  13.03.2025

Irak

Bericht: Israelisch-russische Geisel Elizabeth Tsurkov möglicherweise im Iran

Nachdem die USA im Fall der entführten Elizabeth Tsurkov den Druck auf den Irak erhöhen, heißt es, die Geisel wurde in den Iran verschleppt

 12.03.2025

Belgien

Fantasien über Mord an Juden fallen unter die Meinungsfreiheit

Entsetzen in der jüdischen Gemeinschaft: Ein Kolumnist wurde vom Vorwurf der Aufstachelung zur Gewalt gegen Juden freigesprochen

von Michael Thaidigsmann  12.03.2025

Österreich

Zwei Wochen lang »Shalom Oida«

Das Jüdische Filmfestival in Wien präsentiert die Realität jüdischen Lebens – von Antisemitismus bis Schidduch

von Stefan Schocher  11.03.2025

Frankreich

»Mach hier nicht auf Jude«

Eine Umfrage unter 2000 Jugendlichen zeigt, wie sich antisemitische Vorurteile auch an französischen Schulen ausbreiten

von Michael Thaidigsmann  10.03.2025

Porträt

Der Iberzetser

Dass Russen heute noch Einblick in die jiddische Literatur erhalten, ist vor allem Walerij Dymschiz zu verdanken. Ein Treffen mit dem Sprachmittler in seiner Stammkneipe in St. Petersburg

von Polina Kantor  09.03.2025

Großbritannien

Auf der Couch bei Ms. Freud

Sie ist die Urenkelin des prominentesten Psychologen der Welt. In ihrem Video-Podcast »Fashion Neurosis« stellt Bella Freud die Fragen

von Nicole Dreyfus  08.03.2025

Dokumentation

»Mein Name ist Gal. Und ich bin Jüdin«

Die israelische Schauspielerin Gal Gadot erhielt den International Leadership Award der ADL. Ihre Dankesrede fällt kämpferisch aus

 07.03.2025

Madrid

Polizei fahndet nach Mann mit »Neonazi-Ästhetik«

Im Fall des vereitelten Brandanschlags auf die Pizzeria Rimmon Kosher in Madrid wurde bislang noch kein Verdächtiger verhaftet

 07.03.2025