Der US-Kongressabgeordnete Chris Smith hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr in einem Brief aufgefordert, die Vorgänge am Frankfurter Flughafen vor knapp zwei Wochen rasch aufzuklären. Am 4. Mai waren dort 127 Passagiere aus den USA kollektiv vom Weiterflug nach Budapest ausgeschlossen worden - offenbar, weil sie äußerlich als ultraorthodoxe Juden erkennbar waren. Zuvor gab es mehrere Vorfälle an Bord der Maschine aus New York. Unter anderem hatten sich einige jüdische Passagiere geweigert, an Bord eine Maske aufzusetzen.
AUFKLÄRUNG Das anschließend von der Lufthansa für fast alle jüdischen Reisenden verhängte 24-stündige Beförderungsverbot, und insbesondere die auf Videos festgehaltenen Reaktionen von Lufthansa-Mitarbeitern am Flughafen Frankfurt, hatten weltweit für Schlagzeilen und Kritik an der deutschen Fluggesellschaft gesorgt. Spohr hat sich zwischenzeitlich zwar entschuldigt. Allerdings hat die Lufthansa bislang keine konkreten Angaben dazu gemacht, wie es zu dem Vorfall kommen konnte und wer die Entscheidung traf.
In einem Brief an Spohr, der sich aktuell in den USA aufhält, verlangte der Republikaner Smith »eine Erklärung für den Vorfall« in Frankfurt und bat den Lufthansa-CEO um eine Stellungnahme bis zum Mittwoch. Er werde sich am Donnerstag mit der Antisemitismusbeauftragten Deborah Lipstadt treffen, so Smith weiter. Er habe Wähler aus seinem Wahlkreis in New Jersey, die auf dem Flug dabeigewesen seien, schrieb Smith. »Nachdem ich das Videomaterial über die Interaktion zwischen der Lufthansa-Flugbesatzung und den Passagieren gesehen habe, schreibe ich [Ihnen], um meine Abscheu über die Art und Weise zum Ausdruck zu bringen, wie meine Wähler und andere Passagiere auf dem Flug behandelt wurden.«
POLIZEIEINSATZ Er bitte um dringende Antwort auf mehrere Fragen, so der Abgeordnete weiter. »Einer meiner Wähler hat mich darüber informiert, dass Äußerungen wie ›Ihr Juden habt das Problem verursacht‹ und ›Es waren Juden, die das Durcheinander angerichtet haben‹ von Lufthansa-Personal gemacht worden seien«, schrieb Smith.
Er fragte Spohr, ob die zurückgewiesenen Kunden von der Lufthansa entschädigt und die entstandenen Zusatzkosten erstattet würden. Ferner wollte Smith von Spohr wissen, »warum die Lufthansa die Einschaltung der Polizei für notwendig hielt und welchen Eindruck die Lufthansa vom Verhalten der Polizei hatte”.
Rund zwei Dutzend mit Maschinengewehren bewaffnete Beamte der Bundespolizei sowie der hessischen Landespolizei waren zum Gate gerufen worden. Die Bewaffnung der Polizisten habe der »regulären Streifenausstattung« entsprochen, erklärte ein Sprecher auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen. Die Beamten hätten auch nicht einschreiten oder polizeiliche Maßnahmen treffen müssen, so der Sprecher. Zudem habe man kein Fehlverhalten seitens der eingesetzten Kräfte feststellen können.
ERKLÄRUNG Laut Chris Smith soll Deborah Lipstadt – die seit einigen Wochen als Beauftragte der Biden-Regierung für den weltweiten Kampf gegen Antisemitismus amtiert – ebenfalls ihre Besorgnis über den Vorfall zum Ausdruck gebracht und ihn als »klassischen Antisemitismus« bezeichnet haben. Smith schloss sein Schreiben an Spohr mit dem Satz: »Das Verhalten des Lufthansa-Personals schreit geradezu nach einer Erklärung.«
Anfragen der Jüdischen Allgemeinen diesbezüglich hat die Fluggesellschaft bislang nicht beantwortet. Vergangene Woche teilte eine Unternehmenssprecherin mit, die genauen Abläufe am 4. März müssten zuvor erst intern ermittelt werden.