USA

Wird der nächste US-Präsident ein Jude?

Wer nimmt im nächsten Jahr an diesem massiven Schreibtisch im Oval Office Platz? Foto: picture alliance / abaca

In den Vereinigten Staaten von Amerika geht es um Alles: Demokratie gegen Diktatur, Hass gegen Zusammenhalt, Verrücktheit gegen Vernunft. Mit dem Rückzug von Joe Biden steigen die Chancen für eine erfolgreiche Verteidigung der 240 Jahre alten amerikanischen Demokratie gegen Donald J. Trump und dessen Republikaner.

Für Bidens Demokraten kamen damit ebenso wichtige wie dringliche Fragen auf: Wer wird von den Demokraten ins Rennen geschickt? Wer kann Trump besiegen? Wer kann vielleicht sogar moderate Republikaner überzeugen? Wer kann mitreißende Reden halten, ohne Selenskij und Putin zu verwechseln oder mit vergleichbaren Patzern aufzufallen? Wer hat das Zeug für den großen Job?

Verschiedene Bevölkerungsgruppen in den USA entwickeln oft ihre eigene Sicht der Dinge, gerade wenn es um Präsidentschaftskandidaten geht. Amerikas Juden, die mehrheitlich Demokraten wählen, werden die gerade gestartete Suche nach der oder dem Richtigen aufmerksam verfolgen – und dies nicht nur aufgrund des explodierenden Judenhasses oder der Israel-Politik.

Ankläger gegen Trump

Für die jüdische Minderheit geht es jetzt auch um die Frage, ob einer ihrer Angehörigen im Januar 2025 als Präsident eingeschworen werden könnte. Mit Josh Shapiro und J.B. Pritzker werden gleich zwei Juden als mögliche demokratische Kandidaten gehandelt – neben christlichen Parteifreunden.

Beide sind Gouverneure: Shapiro regiert in Pennsylvania, Pritzker in Illinois. Beide sind starke Persönlichkeiten. Beide sind Teil einer jüngeren Politiker-Generation, was nach den Diskussionen um das Wohlbefinden und die Patzer des 81-jährigen Joe Biden ein wichtiger Aspekt ist.

Josh Shapiro ist 51 und war Generalstaatsanwalt seines Bundesstaates – ebenso wie die derzeitige Favoritin unter den möglichen Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Vizepräsidentin Kamala Harris. Einen früheren Ankläger gegen einen Verurteilten wie Trump ins Rennen zu schicken – egal ob weiblich oder männlich –, wäre aus Sicht vieler Amerikaner ein guter Schachzug.

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Sieg gegen Rechten

An der Georgetown University in Washington D.C. studierte Shapiro Jura, arbeitete dann als Chef-Berater für einen Senator. Vor zwei Jahrzehnten gelang es ihm, einen republikanischen Kontrahenten auszubooten und an seiner statt ins Repräsentantenhaus von Pennsylvania einzuziehen.

Als Generalstaatsanwalt musste sich Shapiro mit sexuellem Missbrauch von Kindern durch Priester beschäftigen, sowie mit der Opioid-Sucht-Krise, die die USA seit geraumer Zeit heimsucht. Für seinen Bundesstaat war er an Verhandlungen um einen Vergleich mit den Herstellern entsprechender Medikamente beteiligt.

Dass er später als Kandidat für das Gouverneursamt Wahlen gegen einen republikanischen Rechtsaußen-Politiker, nämlich Doug Mastriano, deutlich gewann, spricht für ihn. Könnte er einen solchen Sieg auf nationaler Ebene gegen den Rechtspopulisten Trump wiederholen? Viele trauen ihm dies durchaus zu.

Heißlaufende Akkus

Einerseits ist Josh Shapiro ein ernstzunehmender Kandidat. Allerdings gibt es einen Faktor, der hier gegen ihn spricht: Der Gouverneur unterstützt Kamala Harris offiziell.

Nachdem Präsident Biden seinen Rückzug erklärt hatte, war Gouverneur Shapiro einer der ersten, der ihm auf der Plattform X dankte: »Präsident Biden ist ein Patriot, der unserem Land im Senat, als Vizepräsident und als einer der konsequentesten Präsidenten der modernen Geschichte große Dienste geleistet hat.«

Dann liefen im Gouverneursbüro in Harrisburg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Akkus mehrerer Telefone heiß. Am Sonntag um etwa 18:00 Uhr Ortszeit gab Josh Shapiro schließlich eine weitere, höchst interessante Erklärung ab: »Ich werde tun, was ich kann, um Kamala Harris dazu zu verhelfen, zur 47. Präsidentin der Vereinigten Staaten gewählt zu werden.«

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Highschool Sweetheart

In Verbindung mit der Aussage, der beste Weg für die Demokraten sei nun eine geschlossene Unterstützung für Vizepräsidentin Kamala Harris, ist dies nichts weniger als ein »endorsement« für sie. Hat sich Shapiro damit selbst und endgültig aus dem Rennen genommen? Oder hofft er darauf, dass er von Parteifreunden als Kandidat vorgeschlagen wird?

Josh Shapiro ist praktizierender Jude. Er gehört der konservativen Denomination an, die zwischen den Orthodoxen und den progressiven Reformern angesiedelt ist. Er lebt koscher, besuchte eine jüdische Highschool und fand dort mit seiner Mitschülerin Lori die Liebe seines Lebens. Sein »highschool sweetheart« heiratete er später.

Für die meisten jüdischen Wähler in Amerika nimmt die Frage, ob ein Kandidat pro-israelisch ist, einen wichtigen Stellenwert ein. Im Fall Shapiro besteht absolut kein Zweifel daran.

Nicht allzu koscher

Als Israelhasser den jüdischen Eignern des Restaurants »Goldie« in Philadelphia vorwarfen, einen angeblichen »Genozid« Israels in Gaza zu unterstützen, ging Gouverneur Shapiro demonstrativ dort essen. Dann, als Unterstützer des palästinensischen Terrors vor einigen Wochen ein »Protestcamp« auf dem Gelände der University of Pennsylvania einrichteten, forderte er dessen zeitnahe Auflösung durch die Polizei.

Im Dezember verteidigte Shapiro Israels Vorgehen gegen den Terror in Gaza: »Israel hat nicht nur das Recht, sondern auch die Verantwortung, die Region von der Hamas und dem Terror, den die Hamas verüben kann, zu befreien.« Die USA müssten dem israelischen Volk helfen, verlangt er.

Bei Jay Robert Pritzker, der schlicht »J.B.« genannt wird, sieht die Sache zum Teil anders aus. Auf seinen Kanälen in den sozialen Medien war zumindest am Sonntag weder ein Dank an Biden zu finden, noch ein »endorsement« für Harris, dafür aber ein Video, in dem sich der Gouverneur einen nicht allzu koscheren »cheese dog« genehmigt – eine Kreuzung aus einem »hot dog« und einem »cheeseburger«.

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Ältere Schwester

Der 59-jährige Pritzker ist Mitglied der überaus wohlhabenden Familie, die die Hyatt-Hotelkette besitzt. Im Jahr 2019 wurde der Geschäftsmann und Anwalt zum Gouverneur von Illinois ernannt und 2022 wiedergewählt. Das heißt: Auch er kann siegen. Vor seiner Amtsübernahme war er ein bedeutender Unterstützer der Demokraten, denen er großzügige Spenden überwies.

Seine Familie stammt von ukrainischen Juden ab. Er selbst ist ebenso wie andere Mitglieder der Dynastie als Philanthrop bekannt. Politik ist den Pritzkers ebenso wenig fremd: Seine ältere Schwester Penny Pritzker war unter Präsident Obama Handelsministerin.

Ein feines Internat besuchte ein junger J.B. Pritzker einst in Massachusetts. Später studierte er Politik an der Duke University in North Carolina und Jura an der Northwestern University School of Law in Chicago, bevor er als juristischer Berater für einen Abgeordneten und einen Senator im Kongress tätig war.

»Doof und dumm«

Auch gründete er »Democratic Leadership for the 21st Century«, eine Organisation, die sich mit der Frage beschäftigt, wie junge Wähler an die Demokraten gebunden werden und der Partei dann erhalten bleiben könnten. All dies macht ihn zu einem möglichen Kandidaten.

Dass J.B. Pritzker ein treuer Parteisoldat ist, bezweifelt kein Demokrat. Eine weitere Eigenschaft macht ihn zu einem geeigneten Gegner für Trump: Wie der republikanische Kandidat ist J.B. Pritzker gut im Austeilen. Als Trump dem Schwergewicht vorwarf, zu viele Hamburger zu verzehren, schoss der Gouverneur zurück: Der republikanische Ex-Präsident sei »doof und dumm«. Alles, wofür Trump stehe, sei »sogar schlimmer als beim letzten Mal«.

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Wie Shapiro unterstützt Pritzker Israels Vorgehen in Gaza. Forderungen nach einem dauerhaften Waffenstillstand, der es der Hamas erlaubt hätte, sich neu zu gruppieren und wie angekündigt weitere Massaker in Israel zu begehen, lehnte er klar ab.

Auch wenn die Favoritin Kamala Harris nominiert werden, ins Rennen ziehen und dann auch noch gewinnen sollte, wird ein Jude ins Weiße Haus einziehen, nämlich ihr Ehemann Doug Emhoff, der jetzige »Second Gentleman«, der die Biden-Administration im Kampf gegen den Antisemitismus unterstützt. Er würde dann zum »First Gentleman« aufrücken – dem ersten überhaupt.

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