Koschere Spezialitäten aus Surinam? Ein Zweiteiler über das niederländische Comedy-Duo Kwatsch? Ein Spielfilm, der das Gefühlsleben eines israelischen Soldaten darstellt, der zwischen orthodoxen Normen und homosexuellen Neigungen pendelt? Oder doch lieber eine Dokumentation über die Rolle der Aschkenasim in der israelischen Gesellschaft? Das inhaltliche Spektrum des Joodse Omroep, des jüdischen Rundfunksenders der Niederlande, ist weitläufig. Zumal die Sendezeit beschränkt ist. Alle zwei Wochen wird aus dem Mediapark in Hilversum eine Stunde zu jüdischen Themen im Fernsehen ausgestrahlt. 25 Stunden sind das im Jahr. Im Radio kommen 78 Stunden zusammen.
Auf den ersten Blick scheint das wenig zu sein – und dennoch ist es weit mehr als die 15 Minuten monatlich, die die orthodoxe Nederlands-Israëlitisch Kerkgenootschap (NIK) 1973 bekam und damit als erstes jüdisches Radioprogramm auf Sendung ging. 1980 erhielt das NIK auch im Fernsehen eine Stimme. Die aber blieb zunächst auf eine Handvoll Sendungen im Jahr beschränkt. Erst ab den 90er-Jahren wurde daraus allmählich mehr. Im niederländischen Rundfunksystem ist die Sendezeit der Kanäle auf verschiedene Anstalten (wie der Joodse Omroep) aufgeteilt. Traditionell haben viele davon einen christlichen beziehungsweise weltanschaulichen Hintergrund. Eine Regelung, die Direktor Alfred Edelstein zu schätzen weiß: »Jüdische Redaktionen im öffentlichen Rundfunk gibt es in vielen Ländern. Aber einen eigenen Sender, das ist schon speziell.«
Lebensanschaulich Noch immer ist der Joodse Omroep eine der kleinsten sogenannten lebensanschaulichen Rundfunkanstalten. Gerade einmal sieben Prozent bekommt er von der jährlichen Sendezeit, die den verschiedenen, als repräsentativ erachteten Glaubensgemeinschaften zusteht. Neben Juden sind das Christen, Muslime, Hindus, Buddhisten und Humanisten. Nicht mehr als sechs Angestellte halten den Sendebetrieb aufrecht. Sie werden dabei von einigen freien Mitarbeitern unterstützt. Immerhin, so Redakteurin Karin van Coeverden, liegt die Zuschauerzahl inklusive der Wiederholungen bei 100.000. Das ist doppelt so viel wie es Juden im Land gibt. Verantwortlich dafür seien zum einen viele christliche Zuschauer, die seit jeher die jüdischen Programme verfolgen, »und natürlich die hohe Qualität der Sendungen«.
In den vergangenen Jahren haben sich Gesicht und Inhalt des Joodse Omroep gewandelt, der bis 2005 noch unter dem Namen NIK Media firmierte. Nach wiederholten Konflikten über die Ausrichtung sind in der Verwaltung seit diesem Jahr auch der liberale Nederlands Verbond voor Progressief Jodendom (NVPJ) und die sefardische Portugees-Israëlietisch Kerkgenootschap vertreten. Die Programme wenden sich ausdrücklich »an die gesamte jüdische Gemeinschaft der Niederlande«. Ziel sei es, »das Judentum im weitesten Sinne aus verschiedenen Perspektiven« darzustellen. Auch kontroverse Themen bekommen Raum, etwa eine Dokumentation über Vaterjuden. Oder es wird die Frage diskutiert, ob Juden den Anti-Islam-Politiker Geert Wilders wählen sollten.
zielgruppe Mit den Inhalten verändert sich auch die Zielgruppe. Im Fernsehbereich wurden zuletzt mehrere Formate gestartet, die den Joodse Omroep einem breiteren Publikum zugänglich machen sollen, ohne dabei seinen jüdischen Kern zu verlieren. Dazu gehört das Kochduell »Go Go Kosher« und die populäre Reihe »Witz«, die dem Genre jüdischer Comedy gewidmet ist. Spannende Konstellationen brachte zu Jahresbeginn die fünfteilige Serie »Such die Unterschiede«. Sie zeigte die Erfahrungen junger niederländischer Juden in jüdischen Gemeinden – von Indien, Argentinien und Uganda bis Tunesien und Ukraine. Gerade dieses Programm erfreute sich beim Publikum großer Beliebtheit, sagt Direktor Edelstein. Und zwar beim jüdischen wie dem nichtjüdischen.