Eine mögliche Annäherung Argentiniens an den Iran sorgt in Buenos Aires für Aufregung in der jüdischen Gemeinde. Ausgerechnet Héctor Timerman, der erste jüdische Außenminister Argentiniens, soll bis- her geheime Absprachen mit der Führung in Teheran getroffen haben. Eine offizielle Erklärung der Regierung steht noch aus.
Den Stein ins Rollen brachte vergangenen Samstag eine Veröffentlichung in der argentinischen Zeitung PERFIL. Dort hieß es unter Berufung auf ein bisher geheimes Dokument, die Regierung von Präsidentin Cristina Kirchner könnte dazu bereit sein, die Ermittlungen gegen den Iran wegen der mutmaßlichen Verwicklungen in die Bombenanschläge auf die israelische Botschaft 1992 und auf die AMIA 1994 in Buenos Aires auszusetzen. Als Gegenleistung würde der Iran seine Handelsbeziehungen mit Argentinien intensivieren. Der Inhalt des Geheimpapiers wurde ihr über eine ausländische Botschaft zugespielt, so die Zeitung.
Bomben Zur Erinnerung: Bei dem Bombenanschlag auf die israelische Botschaft kamen 29 Menschen ums Leben. Bei dem auf die AMIA wurden 85 Menschen getötet und 300 verletzt. Die argentinische Staatsanwaltschaft hält es für erwiesen, dass die Anschläge im Iran geplant wurden. Derjenige auf die AMIA hatte die größte Ermittlungsaktion der argentinischen Justizgeschichte ausgelöst, die jedoch von Pannen und häufigen Personalwechseln überschattet wurde. Bis heute wurde niemand verurteilt.
Im November 2006 hatte die argentinische Justiz sechs Haftbefehle erlassen. Sie betreffen unter anderem Irans ehemaligen Sicherheitsminister Ali Fallahijan sowie Verteidigungsminister Ahmad Vahidi.
Aufklärung Das jetzt zitierte Dokument soll nach einem Treffen des argentinischen Außenministers Timerman mit seinem syrischen Kollegen Walid al-Mohalem Ende Januar in Aleppo entstanden sein. Laut PERFIL wurde das Dokument über den iranischen Außenminister Alí Akbar Salehi an Präsident Mahmud Ahmadinedschad weitergeleitet. »Argentinien ist nicht weiter an einer Aufklärung der Attentate interessiert, möchte aber im Gegenzug seine Wirtschaftsbeziehungen zum Iran verbessern«, zitiert das Blatt Teherans Außenminister.
Die Veröffentlichung sorgte in der jüdischen Gemeinschaft in Buenos Aires für unterschiedliche Reaktionen. Der Präsident der DAIA (Delegación de Asociaciones Israelitas Argentinas), Aldos Donzis, sagte, es falle ihm schwer zu glauben, dass eine Regierung, die sich ständig dafür ausgesprochen hat, alles Mögliche zur Aufklärung der Attentate zu tun und auch die Vereinten Nationen dazu aufgefordert hat, den Iran dazu zu bringen, mit der Justiz zusammenzuarbeiten, jetzt entschieden haben soll, »die Ermittlungen tatsächlich auszusetzen«.
Überrascht Als schlichtweg »falsch« bezeichnete dagegen AMIA-Präsident Guillermo Borger die Enthüllungen von PERFIL. »Die Nachricht hat uns sehr überrascht, und sie ist nicht wahr«, sagte er und forderte die Redakteure auf, ihre Behauptungen zu belegen. Borger erinnerte an das Versprechen von Präsidentin Cristina Kirchner, alles für eine Aufklärung zu tun. »Ich habe mit Timerman gesprochen. Er hat mir gesagt, die Meldung sei falsch«, so Borger am Montag in einem Interview mit dem jüdischen Radiosender JAI in Buenos Aires.
Im israelischen Außenministerium gab man sich überrascht von der Nachricht. Daniel Gazi, Israels Botschafter in Buenos Aires, soll für Klarheit in der Angelegenheit sorgen. Zudem überprüfe man den für Anfang April geplanten Besuch Timermans in Israel. Man warte auf eine Erklärung aus Buenos Aires, hieß es in Jerusalem.