»Watch out, San Francisco!« hieß es bei der Eröffnung des 12. Jüdischen Filmfestivals Atlanta vergangene Woche. Seit seiner Gründung im Jahr 2000 ist es dramatisch gewachsen und gilt inzwischen – mit rund 26.000 Besuchern im Jahr 2011 – als das zweitgrößte jüdische Filmfestival in den USA. Noch! Denn bis zum Start wurden diesmal bereits mehr als 28.000 Tickets verkauft. Würde bis zum Ende die 30.000-Zuschauer-Marke überschritten, könnte Atlanta dem jüdischen Filmfestival in San Francisco sogar den ersten Rang ablaufen.
Brücken bauen Veranstaltet wird das Filmfestival vom American Jewish Committee (AJC) in Atlanta. »Film ist ein extrem starkes Medium«, sagt Itai Tsur, stellvertretender Direktor des AJC in Atlanta und verantwortlich für das Filmfestival. »Das AJC fungiert als Außenministerium für die jüdische Gemeinschaft. Wir wollen Brücken bauen und das gegenseitige Verständnis verschiedener religiöser und kultureller Gruppen fördern. Das Festival ist der künstlerische Versuch, einem möglichst breiten Publikum unsere Botschaft nahezubringen.«
Nicht nur jüdische Cineasten, auch nichtjüdische Filmfreunde haben das Festival für sich entdeckt. Mittlerweile ist es das größte Filmfest in der Stadt, viel größer noch als die Festivals ethnischer Gruppen wie das asiatische oder lateinamerikanische Filmfest, aber auch größer als Themenfestivals etwa für Dokumentar- oder Horrorfilme.
Peter L. Stein, Direktor des Jüdischen Filmfestivals San Francisco, zeigte sich anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Filmfestivals Atlanta vor zwei Jahren beeindruckt von dessen Wachstum und lobte es als »äußerst durchdacht produziert und präsentiert«. 250 Unternehmen sponsern das Festival in diesem Jahr, darunter Coca Cola, Turner Broadcasting und Credit Suisse. Die örtliche Immobilienmaklerin Sandy Abrams unterstützt das Festival seit seiner Gründung. »Es bietet Anlass für wundervolle interkulturelle Begegnungen«, schwärmt sie.
Vorträge Fragen- und Diskussionsrunden zu einzelnen Filmen sowie Vorträge ergänzen das Programm. Die Auswahl ist groß: 70 Filme aus 17 Ländern, darunter sieben Filme aus Deutschland und zwei mit deutscher Beteiligung, werden während des 22-tägigen Festivals gezeigt. Wer hier nur eine Reihe von Holocaust-Filmen und Streifen von Möchtegern-Woody-Allens erwartet, irrt. Die Filmemacher erzählen Geschichten vom jüdischen Leben in Amerika und Israel, von Immigration, Gewerkschaften, Menschenrechten, dem russischen Rechtssystem und dem Völkermord in Ruanda. Sie porträtieren Berühmtheiten und zeigen Menschen im Alltag. Sie bringen das Publikum zum Lachen, Weinen und Gruseln.
»Auf Rabies, den ersten israelischen Horrorfilm, sind wir besonders stolz«, sagt Tsur. Aus Israel kommt auch This is Sodom, eine biblische Komödie über Abraham und die Seinen vom Schlag Monty Python und Mel Brooks, die in Israel alle Kassenrekorde brach. Ein Beitrag zum interreligiösen Dialog ist die US-Produktion David, in der ein muslimischer Junge in Brooklyn irrtümlich für einen Jeschiwastudenten gehalten wird.
Eindrucksvoll ist die Auswahl der Dokumentationen. Die amerikanische Produktion The Apple Pushers beschreibt die Geschichte von Einwanderern, die sich als Straßenverkäufer verdingen und mit einer städtischen Initiative zusammen Bedürftige mit Obst und Gemüse beliefern. Torn dokumentiert die Geschichte eines früheren polnischen Priesters, der in einen Kibbuz eintritt, nachdem er entdeckt hat, dass seine Eltern Juden waren und im Holocaust ermordet wurden. Filmbiografien zeigen das Leben von Philip Roth, Otto Frank und anderen. Der Auftrag des Festivals sei klar, betont Itai Tsur: »Wir wollen unterhalten, aber auch bilden.«
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