Der amerikanische Gesetzgeber will der Zahlung von Sozialversicherungsleistungen an Nazikriegsverbrecher ein Ende bereiten. Ein entsprechender Gesetzentwurf, den Abgeordnete beider Parteien vergangene Woche im Kongress einbrachten, sieht vor, die Rentenansprüche von außerhalb Amerikas lebenden ehemaligen Nazi-Funktionären, die an der Verfolgung und Ermordung von Juden beteiligt waren, ab sofort entfallen zu lassen.
Auslöser für die Initiative war der Bericht einer Presseagentur. Darin heißt es, dass seit 1979 mehr als die Hälfte der Verdächtigen, die die USA verlassen hatten, Rentenleistungen erhalten haben. Inoffiziell ist von einem Betrag von mehreren Millionen Dollar die Rede.
Nazijäger Etwa 10.000 Nazikriegsverbrecher wanderten nach 1945 in die Vereinigten Staaten ein, meistens unter falscher Identität. Unter dem Druck der Öffentlichkeit verschärfte das Justizministerium 1979 die Jagd auf Naziverbrecher mit dem neu gegründeten Office of Special Investigations (OSI).
Da die Verbrechen jedoch außerhalb der USA und vornehmlich gegen Nicht-US-Bürger begangen worden waren, konnte man die Verdächtigen nicht vor amerikanische Gerichte stellen. Die Nazijäger versuchten daher, zu beweisen, dass die Betroffenen die amerikanische Staatsbürgerschaft erschlichen hatten – so konnte sie ihnen wieder aberkannt werden.
abschiebung Weil aber eine Abschiebung Jahre dauern konnte und ein Auslieferung das Gesuch eines ausländischen Staates erforderte (die so gut wie nie erfolgte), praktizierte das OSI das sogenannte Nazi-Dumping – oder, wie es offiziell hieß, »Verzichtsprogramm«: Man »überzeugte« die Kriegsverbrecher, die USA freiwillig zu verlassen. So verloren sie zwar die amerikanische Staatsbürgerschaft, nicht aber ihre Rentenansprüche. Diese Praxis wurde durch das Gesetz – besser gesagt: durch eine Lücke darin – gestützt: Die Teilnahme an Kriegsverbrechen konnte zwar eine Abschiebung begründen, ließ aber den Anspruch auf die staatliche Rente nicht entfallen.
Ein ähnliches Vorhaben wie der aktuelle »No Social Security for Nazis Act« scheiterte 1999 am Widerstand derer, die eine »aufgeweichte« Verfolgung von Naziverbrechern oder lange Abschiebungsprozesse befürchteten.
Heute stößt die Gesetzesinitiative auf breite Zustimmung und soll noch vor Ende des Jahres verabschiedet werden. Kritiker wenden allerdings ein, dass das Gesetz zu spät komme und die jahrzehntelang gezahlten Beträge in Millionenhöhe nicht ausgleichen könne – von den ursprünglichen Leistungsempfängern leben heute noch vier.