Antwerpens Stadtpark ist sehr beliebt, auch bei den Juden der flämischen Großstadt. Und das nicht nur, weil er direkt an das Diamantenviertel angrenzt, in dem knapp 18.000 zumeist fromme Juden leben, sondern auch, weil es im Park einen Vijver gibt, einen kleinen Teich.
Traditionell machen dort jüdische Männer nach dem Mincha-Gebet am Nachmittag des ersten Tages von Rosch Haschana Taschlich. Man spricht ein Gebet und schüttelt die Kleider aus, wirft Brotkrümel in ein Gewässer mit Fischen, um symbolisch die Sünden abzuwerfen und Buße zu tun.
Brotkrumen Für die charedischen Juden Antwerpens ist das ein wichtiger sozialer Anlass, der vor allem bei Kindern sehr beliebt ist, denn sie schauen gerne den Fischen beim Verzehr der Brotkrumen zu.
Doch dieses Jahr findet die Veranstaltung wohl nicht statt: Der von Grundwasser gespeiste Parkteich ist wegen der langen Dürre ausgetrocknet. Zunächst war vereinbart, dass die städtische Feuerwehr, wie schon in den vergangenen Jahren, den See wieder auffüllen würde. Doch wegen der Trockenheit gibt es Einschränkungen des Wasserverbrauchs, und so wurde der Plan schließlich verworfen – hätte es doch für viele Antwerpener nach einer Bevorzugung der jüdischen Gemeinde ausgesehen.
Auch von der Idee, das Taschlich dieses Jahr an die Schelde zu verlegen, nahm man wieder Abstand. Denn der Fluss, der Antwerpen zu einer der führenden Hafenstädte Europas hat werden lassen, liegt zu Fuß etwa eine Dreiviertelstunde vom jüdischen Viertel entfernt. Und vielleicht schwang bei den Sicherheitskräften auch Angst mit, ein Zug Tausender orthodoxer Juden durch die Innenstadt könnte zu antisemitischen Reaktionen führen.
badewanne Zwar kann das Taschlich-Gebet auch in den eigenen vier Wänden gesprochen werden, vorausgesetzt, es sind darin ein »Binnengewässer« wie ein Aquarium oder eine Badewanne samt Fischen vorhanden. Doch vielen ist es wichtig, die Tradition des Taschlich weiterhin als Gemeinschaft zu feiern. Deshalb werden am Montag nun wohl an etlichen Synagogen in der Stadt große Wasserkübel mit Fischen aufgestellt.
Einigen Antwerpener Juden scheint die Aufregung um das Thema allerdings überbewertet. So sagte das Gemeindemitglied Izzy Gottlieb der Nachrichtenagentur JTA, für ihn sei das Taschlich nicht in erster Linie ein sozialer Anlass, sondern es gehe um die Reflexion des Einzelnen über die von ihm begangenen Sünden. »Für mich ist es deshalb völlig in Ordnung, diesen Moment in meinem Badezimmer zu begehen«, so Gottlieb.