Zum ersten Mal hat die Unesco eine Tradition von der Liste des Immateriellen Kulturerbes gestrichen. Der seit 2010 aufgeführte Straßenkarneval im belgischen Aalst steht ab sofort nicht mehr auf der Liste, teilte die Deutsche Unesco-Kommission am Freitagabend in Bonn mit.
Rassismus Zur Begründung hieß es: »In den vergangenen Jahren nahmen wiederholt Festwagen mit rassistischen und antisemitischen Darstellungen am Straßenkarneval in der belgischen Stadt teil.«
Dies sei »weder mit den Grundprinzipien des Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes noch mit den in ihrer Charta niedergelegten Werten vereinbar«, hieß es weiter.
Respekt Die UN-Kulturorganisation stehe zu ihren Grundprinzipien der Würde, Gleichheit und des gegenseitigen Respekts und verurteile alle Formen von Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit.
Die Stadt hatte zuvor selbst darum gebeten, ihren Karneval von der Weltkulturerbeliste zu streichen. »Die Aalster Bürger haben die grotesken Anschuldigungen satt«, zitierten belgische Medien Bürgermeister Christoph D’Haese: »Wir sind keine Antisemiten oder Rassisten.« ›Aalst werde aber immer »die Hauptstadt des Spotts und der Satire« sein.
Diskussion Ein Paradewagen des diesjährigen Karnevals vom März sorgte für die heftigen Diskussionen. Im Kern ging es dabei um die Frage, ob die nachgebildeten jüdisch-orthodoxen Figuren auf dem Wagen »Sabbatjahr« als antisemitisch zu werten sind.
Die belgische Antidiskriminierungsstelle Unia sah »keine bewusste Anstiftung zu Hass, Diskriminierung oder Gewalt gegen Juden«. Das Forum jüdischer Organisationen in Belgien (FJO) bewertete den Paradewagen hingegen als »pure Provokation«.
Noch bis Samstag berät der zwischenstaatliche Ausschuss der Unesco in Bogota in Kolumbien über die Aufnahme lebendiger Traditionen, Bräuche und Handwerkstechniken in die Unesco-Listen des Immateriellen Kulturerbes. kna