Er möchte Frankreichs Präsident werden. Im November hat Emmanuel Macron (39) seine Kandidatur bekannt gegeben. Der Anführer der von ihm gegründeten Bewegung »En Marche!« gilt derzeit als aussichtsreichster Bewerber auf das höchste Amt im Staate. Dass er die in den Umfragen führende Rechtspopulistin Marine Le Pen im zweiten Wahlgang schlagen wird, steht außer Zweifel.
Somit gilt es, in der ersten Runde zumindest zweiter Sieger zu sein, und dafür dürfte ein Viertel der Stimmen genügen. Da lohnt es sich, Milieus zu gewinnen, die eigentlich nur wenige Stimmen einbringen – wie die jüdische Wählerschaft. Sie stellt 0,6 Prozent der Stimmberechtigten, und doch bemühen sich fast alle Kandidaten um einen guten Draht zur jüdischen Gemeinde.
nahostpolitik Dazu gehören die Nahostpolitik und die Kritik an der Delegitimierung Israels. Auf einer Reise Ende Januar in den Libanon wies Macron den Boykott israelischer Produkte zurück, den die extreme Linke verfolgt, und sprach sich gegen die einseitige Anerkennung eines Palästinenserstaates aus, der von den Sozialisten gefordert wird. Neben der Reformpolitik im Sozialsystem sind die beiden Themen, die die jüdische Gemeinde am meisten umtreiben, ohnehin die Topthemen dieses Wahlkampfes: Sicherheit und Laizismus.
Allerdings sind es auch die Themen, zu denen sich jüdische Vertreter sehr schwertun, eine klare Position zu beziehen. Soll man für einen offeneren Umgang mit Religion an den Schulen eintreten? Oder besser nicht? Ist man bereit, aus Sorge vor dem islamistischen Antisemitismus ein Teil der eigenen Freiheit aufzugeben?
Ein wenig scheint es so, als könne Macron aus dieser Zwickmühle helfen. Denn einerseits tritt er dafür ein, dass das Kantinenessen in Schulen den religiösen Gepflogenheiten angepasst wird, andererseits sprach er sich etwa für das Burkini-Verbot aus, weil es sich um ein »politisches Kleidungsstück« handele.
gesellschaft Macron betont es immer wieder: Er sei nicht links, nicht rechts, sondern der »Kandidat der Mitte«, jemand, der zwischen den Extremen steht und so die Gräben in der Gesellschaft zuschütte. Auch deshalb wohl genießt er den Zuspruch vieler jüdischer Wähler.
Aber ausgerechnet der altgediente jüdische Publizist Jean-François Kahn warnt den jungen Kandidaten: Die Geschichte, insbesondere die jüdische, habe gezeigt, dass die Wahrheit zwar nie völlig links oder völlig rechts liege, aber niemals in der Mitte. Man müsse, um alte Gräben zu überwinden, manchmal konservativ, manchmal reaktionär und manchmal progressiv sein. Einfach nur in der Mitte zu stehen, löse keines der bestehenden Probleme. Wo der smarte Kandidat wirklich steht, wird sich diesen Donnerstag offenbaren. Dann nämlich will er sein Wahlprogramm der Öffentlichkeit präsentieren.