Jüdische Demonstranten haben Österreichs Parlamentspräsidenten, den FPÖ-Mann Walter Rosenkranz, an einer Kranzniederlegung zum Gedenken an die November-Pogrome des Jahres 1938 gehindert. Mitglieder einer jüdischen Studentenvereinigung bildeten aus Protest gegen Rosenkranzs Anwesenheit eine Menschenkette um das Holocaustmahnmal am Judenplatz in Wien.
Die Demonstranten hielten ein Transparent mit der Aufschrift: »Wer Nazis ehrt, dessen Wort ist nichts wert!« Nach dem Wahlsieg der FPÖ Ende September führt mit Rosenkranz erstmals ein FPÖ-Politiker den Vorsitz im Nationalrat. Aus Sicht jüdischer Organisationen ist er wegen seiner Mitgliedschaft in einer rechten Burschenschaft und wegen seines problematischen Geschichtsverständnisses als Parlamentspräsident nicht tragbar.
Rosenkranz zog nach einer kurzen Diskussion mit den Demonstranten ab, ohne den Kranz niedergelegt zu haben. Er hatte diese Geste geplant, nachdem die Israelitische Kultusgemeinde die FPÖ von einem offiziellen Akt zum Gedenken an die Pogrome gegen Juden ausgeschlossen hatte. Diese Veranstaltung fand mit Politikern aller anderen Parlamentsparteien bei einem anderen Mahnmal statt.
Der frühere Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien und amtierende Präsident des Europäischen Jüdischen Kongresses, Ariel Muzicant, hatte Rosenkranz kürzlich in einem Interview mit der »Jerusalem Post« als »Kellernazi« bezeichnet.
»Wir haben 225 Fälle dokumentiert, in denen Funktionäre der FPÖ antisemitische, rechtsextreme oder neonazistische Ansichten äußerten, vom Singen von Naziliedern bis hin zum Rufen von ›Heil Hitler‹ und anderen Idiotien. Dutzende FPÖ-Mitglieder sind auch Mitglieder von Studentenverbindungen. Wenn sie an Treffen dieser Burschenschaften teilnehmen, die oft in Kellern stattfinden, lassen sie ihre rechtsextremen und neonazistischen Ansichten heraus. Deshalb nennen wir sie ›Kellernazis‹ «, sagte Muzicant der israelischen Zeitung.
Rosenkranz sei so ein Kellernazi, denn er sei Mitglied der Studentenverbindung Libertas, welche jüdische Mitglieder herausgeworfen habe. Außerdem sei der Nationalratspräsident an anderen Aktivitäten beteiligt gewesen, die nicht mit seinem hohen Staatsamt vereinbar seien. dpa/mth