Antisemitismus

Judenhass in der Schweiz wächst weiter

Überwachungskameras vor dem Bundeshaus in Bern: Die jüdische Gemeinschaft der Schweiz fordert die Regierung zu mehr Engagement gegen Antisemitismus auf. Foto: imago images/Westend61

Auch in der Schweiz wächst die Zahl antisemitischer Vorfälle – wenn auch auf einem deutlich niedrigeren Niveau als in Deutschland.

Zwei separate, vom Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) und der Coordination Intercommunautaire contre l’Antisémitisme et la Diffamation (CICAD) am Dienstag veröffentlichte Berichte zeigen, dass sich auch in der Eidgenossenschaft im Zuge der Corona-Pandemie eine tendenziell judenfeindliche Subkultur ausgebildet hat. Laut dem Antisemitismusbericht für die deutsch-, italienisch- und rätoromanischsprachige Schweiz ist dieser Bereich für rund drei Viertel aller Vorfälle im Internet verantwortlich. Vor allem in Telegram-Chatgruppen verzeichnete die Meldestelle des SIG eine hohe Zahl judenfeindlicher Posts.

HITLERGRUSS In der realen Welt stieg die Zahl antisemitischer Vorfälle in der Deutschschweiz und dem Tessin von 53 im Jahr 2021 auf 57 im vergangenen Jahr. Darunter war – erstmals seit 2018 - auch ein tätlicher Angriff. Die Zahl der Beschimpfungen (16) blieb auf dem gleichen Niveau wie 2021. 2022 wurden allerdings keine Sachbeschädigungen gemeldet. Im Onlinebereich stieg die Zahl der registrierten antisemitischen Vorfälle um rund sechs Prozent auf 853. Im Vorjahr lag die Zunahme noch um 66 Prozent höher.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

In Zürich warfen Jugendliche einem Mann mit Kippa einen vollen Joghurtbecher an den Rücken. Ebenfalls in Zürich wurde eine jüdische Frau von einem Mann mit einem Hitlergruß bedacht und sodann antisemitisch beleidigt. In Davos wurde eine Gruppe orthodoxer Juden von jungen Männern mit »Heil Hitler«-Rufen und »Die Juden gehören in die Gaskammer« beschimpft.

Neu ist laut SIG die Entwicklung bei sogenannten Triggern, die direkt oder indirekt antisemitische Vorfälle auslösen. 2022 wurden als Trigger die Corona-Pandemie und der russische Krieg gegen die Ukraine identifiziert. Das Gewaltpotenzial vieler Menschen in der Szene der »Coronaleugner« könne durchaus als latent bezeichnet werden, so der SIG.

SCHOA-LEUGNUNG In der französischsprachigen Westschweiz erstellte das CICAD einen eigenen Bericht. Insgesamt wurden dort 2022 562 Fälle von Antisemitismus verzeichnet, 2021 waren es nur 165. Die starke Zunahme beruht aber auf der Ausweitung des Monitorings auf weitere Online-Plattformen. In der realen Welt kam es auch in der Westschweiz zu einer Steigerung der Vorfälle von nunmehr 28, sechs mehr als noch 2021. Während der israelbezogene Antisemitismus in dem Gebiet rund um den Genfer See und im Jura eher stagnierte, wurde eine starke Zunahme in der Kategorie »Schoa-Leugnung« verzeichnet, so das CICAD.

Sowohl SIG als auch CICAD forderten die Regierung auf, mehr Verantwortung bei der Überwachung antisemitischer Vorfälle in der Schweiz zu übernehmen. Bislang wird dies den jüdischen Verbänden selbst überlassen, anders als beispielsweise in Deutschland.

Der Bund müsse auch rechtliche Mittel zur Erfassung und Beschränkung von Hassrede prüfen und hier auf die Social-Media-Plattformen einwirken, so die beiden Dachverbände. Das gelte insbesondere für den Dienst Telegram. Generell brauche es eine nationale Strategie gegen Antisemitismus, die die entsprechenden Analyse-, Präventions- und Sanktionsinstrumente enthalte. Dazu gehöre auch das Verbot von Nazisymbolen, welches momentan im Bundesparlament in Bern diskutiert wird. Dies müsse »rasch umgesetzt werden”, so der SIG in einer Pressemitteilung. mth

Sport

Nach Anti-Israel-Eklat: Jetzt sprechen die Schweizer Fechter

Bei der Nachwuchs-EM der Fechterinnen und Fechter kommt es in Estland zu einer viel diskutierten Szene. Nun haben sich die verantwortlichen Schweizer erklärt

 28.04.2025

Fecht-EM

Schweizer Fechter schauen bei israelischer Hymne demonstrativ weg

Nachdem die U23-Mannschaft der Schweizer Fechter gegen Israel protestierte, äußert sich nun der Schweizer Fechtverband und verurteilt den Vorfall

von Nicole Dreyfus  28.04.2025

Großbritannien

Israelfeindliche Aktivisten stören London-Marathon

Mitten im London-Marathon kommt es zu einer Protestaktion gegen Israel. Zwei Aktivisten springen auf die Strecke und streuen rotes Pulver

 27.04.2025

Essay

Wir gehen nicht allein

Zum ersten Mal hat unsere Autorin mit dem »Marsch der Lebenden« das ehemalige KZ Auschwitz besucht. Ein Versuch, das Unvorstellbare in Worte zu fassen

von Sarah Maria Sander  27.04.2025

Frankreich

Serge Klarsfeld: »Wir müssen vorbereitet sein«

Der Holocaust-Überlebende und Nazi-Jäger hat in »Le Figaro« einen dringenden Appell veröffentlicht und erneut für rechte Parteien geworben. Das Judentum sei bedrohter denn je, glaubt er

 25.04.2025

USA

Sharon Osbourne vs. die Anti-Israel-Popkultur

Rock-Veteranin Sharon Osbourne hat sich mit dem irischen Rap-Trio Kneecap angelegt, das offensichtlich meint, mit Hassrede gegen Israel seine Fanbase vergrößern zu können

von Sophie Albers Ben Chamo  25.04.2025

KZ-Gedenkstätte Auschwitz

Israels Präsident Isaac Herzog und Eli Sharabi beim »Marsch der Lebenden«

Auf dem Weg von Auschwitz nach Birkenau sind diesmal auch ehemalige israelische Geiseln der Hamas dabei. Israels Präsident Herzog erinnerte an die weiterhin in Gaza gefangen gehaltenen israelischen Geiseln

 24.04.2025

Griechenland

Restauration des Grauens

In Thessaloniki werden zwei Eisenbahnwaggons aus der Nazizeit restauriert. Zur Erinnerung daran, was 50.000 Menschen angetan wurde

von Wassilis Aswestopoulos  24.04.2025

Tod von Papst Franziskus

Warum Israels Regierung nicht kondoliert hat

Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  23.04.2025