Frankreichs Innenminister Bruno Retailleau hat vor dem Fußball-Länderspiel Frankreich-Israel am Donnerstag in Paris »außergewöhnliche« Sicherheitsvorkehrungen angekündigt. Man habe alle zur Verfügung stehenden Reserven mobilisiert, erklärte der Minister am Dienstagabend in der Nachrichtensendung des Senders TF1.
Konkrete Bedrohungen seien zwar nicht bekannt, man sei aber vorbereitet. Auch das RAID, das französische Pendant zur deutschen Sondereinsatzeinheit GSG-9, werde im Stadion sein, um die Durchführung des Spiels zu ermöglichen.
Besitzer von Eintrittskarten würden anhand ihrer Ausweise am Eingang des Stade de France im Pariser Vorort Saint-Denis identifiziert, so Retailleau. Neben uniformierten Polizeikräften würden auch Beamte in Zivil vor Ort sein.
Darüber hinaus kündigte der Minister an, dass in Paris vor und nach dem Spiel die öffentlichen Verkehrsmittel stärker kontrolliert und der Schutz jüdischer Einrichtungen intensiviert werde. »Es geht nicht an, dass hier auch nur der geringste Zweifel aufkommt. Wir dürfen nicht das Risiko eingehen, dass sich die dramatischen Ereignisse wiederholen und es zu einer Menschenjagd kommt, wie wir sie in Amsterdam beobachten konnten«, betonte der konservative Politiker.
Eine Verlegung in ein anderes Stadion oder ein Spiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit oder gar die Absage der Nations-League-Begegnung habe aber zu keinem Zeitpunkt im Raum gestanden. »Man hat es mir angeboten. Aber ein Rückzieher kam nicht infrage. Frankreich weicht nicht zurück. Wir werden uns nicht jenen unterwerfen, die Hass verbreiten«, so der Innenminister. Dennoch befürchte er, dass Vorkommnisse wie vergangenen Donnerstag in Amsterdam auch in Frankreich passieren könnten.
Obwohl nur ein Prozent der Franzosen jüdisch seien, richteten sich mehr als 57 Prozent der erfassten rassistischen und religionsfeindliche Vorfälle gegen Juden, sagte er. In der Nationalversammlung hatte Retailleau zuvor aus einer Studie zitiert, wonach vier Fünftel aller französischen Juden aktuell Sorge hätten, Opfer eines antisemitischen Angriffs zu werden. »Sie denken, dass ihr Land, ihr Vaterland, sie nicht mehr beschützen kann.«
Der Chef der französischen Linkspopulisten (LFI), Jean-Luc Mélenchon, sieht dagegen seine Partei als Opfer einer »miesen Stimmung« im Land. »Miese Stimmung ist, wenn der Innenminister, Bruno Retailleau, auf aufmüpfige Parlamentarier losgeht, um sie des Antisemitismus zu bezichtigen«.
Dabei hatte der so Beschuldigte konkret auf einen Post der LFI-Abgeordneten Marie Mesmeur Bezug genommen, die die Auschreitungen in Amsterdam auf X mit den Worten kommentiert hatte: »Diese Leute wurden nicht gelyncht, weil sie Juden waren, sondern weil sie Rassisten sind und einen Völkermord unterstützen«. Retailleau hatte Mesmeur daraufhin bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.
Kritisch äußerte sich er sich bei TF1 hingegen zur Teilnahme des rechtsextremen israelischen Finanzministers Bezalel Smotrich an einer Gala unter dem Motto »Israel is forever« einer pro-israelischen Organisation in Frankreich. Der umstrittene Politiker soll am Mittwoch per Video zu den Gästen sprechen.
Retailleau sagte, es sei richtig gewesen, die Veranstaltung nicht zu verbieten, auch wenn Smotrich nicht sein Fall sei.»Die Justiz hat entschieden. Sie hat unserem Polizeipräfekten Recht gegeben, der diese Veranstaltung nicht verboten hat, ebenso wenig wie andere Veranstaltungen, die sich ihr entgegenstellen, verboten werden sollten.« Man dürfe die Sache der Palästinenser aber auch nicht für wahltaktische Interessen instrumentalisieren, betonte er. Gemeint waren wohl in erster Linie die Parteien des linken Randes.
Obwohl Smotrich selbst nicht nach Paris kommt, soll es am Abend Proteste am Ort der Veranstaltung geben. Die LFI-Fraktionsvorsitzende Mathilde Panot sprach von einer »Gala der Schande« und »Gala der Völkermörder«. Auch die umstrittene Europaabgeordnete Rima Hassan will an der Gegendemonstration teilnehmen. mth