Der frühere amerikanische Senator Joe Lieberman ist tot. Er starb am Mittwoch (Ortszeit) an den Folgen von Verletzungen, die er bei einem Sturz in seinem Haus in der New Yorker Bronx erlitt.
Fast ein Viertel Jahrhundert lang, von 1989 bis 2013, war der frühere Demokrat, der später parteiunabhängig wurde, Kongressmitglied. Im Jahr 2000 war er von Al Gore als Kandidat für das Vizepräsidentenamt ausgesucht worden – und wurde damit der erste Jude in den Vereinigten Staaten, der für ein so hohes Amt kandidierte.
Nach einem langen Wahl-Drama, das auch von fehlerhaften Wahlzetteln geprägt war, gewann der Republikaner George W. Bush die Wahlen. Vier Jahre später versuchte Lieberman, Präsidentschaftskandidat zu werden, scheiterte jedoch. Bei den folgenden Wahlen unterstützte er den Republikaner John McCain (2008), seine frühere, demokratische Parteifreundin Hillary Clinton (2016) und Joe Biden (2020), der ebenfalls Demokrat ist.
Breites Lächeln
Liebermans lange politische Karriere begann 1970 im Senat seines Heimatbundesstaates Connecticut. Drei Legislaturperioden lang war er dort Mehrheitsführer der Demokraten, bevor er Generalstaatsanwalt wurde. Diese Tätigkeit setzte er bis zu seiner Wahl in den Kongress in Washington D.C. fort.
Joe Lieberman war eine Frohnatur und für sein breites Lächeln bekannt. Er wurde 1942 in Stamford (Connecticut) in eine jüdische Familie hineingeboren. Sein Vater Henry, der ein Geschäft für alkoholische Getränke betrieb, stammte von polnischen Juden ab, die in die USA emigrierten, seine Mutter Marcia von Juden aus Österreich-Ungarn.
In Yale studierte Joe Lieberman Politikwissenschaften und Wirtschaft. 1964 war er das erste Mitglied seiner Familie, das einen akademischen Abschluss machte. Später setzte er sein Studium an der Juristischen Fakultät von Yale fort, bevor er zunächst als Rechtsanwalt arbeitete. Dann begann sein politische Karriere.
Gewalt und Kommunismus
Im Kongress kämpfte er unter anderem gegen Gewalt in Videospielen und gegen den Kommunismus in Fidel Castros Kuba. Lieberman war einer der ersten Demokraten, die Präsident Bill Clinton für dessen Verhalten in der Lewinsky-Affäre kritisierten. Dennoch stimmte er gegen das von den Republikanern angestrengte Amtsenthebungsverfahren.
In der Zeit nach den Terrorattacken vom 11. September 2001 unterstützte Joe Lieberman zusammen mit den Republikanern die Schaffung des Ministeriums für Heimatschutz. Auch arbeitete er an einer Reform des Katastrophenschutzes mit. Innerhalb seiner Partei gehörte er zu der Minderheit, die Präsident Bushs Krieg gegen den Irak unterstützte. Auch für Naturschutz in Alaska setzte er sich ein.
Nachdem er in den Ruhestand getreten war, zog Joe Lieberman nach Riverdale, einem Viertel innerhalb der New Yorker Bronx.
»Lieber Freund«
Im Jahr 1965 heiratete er seine erste Frau Betty Hass. Aus der Ehe, die 1981 geschieden wurde, gingen zwei Kinder hervor. 1982 traf er seine zweite Frau Hadassah Freilich Tucker. Ihre Tochter Hana machte im Jahr 2018 mit ihrer Familie Aliyah. Joe Lieberman lebte koscher und hielt den Schabbat.
In der Nacht äußerte sich Israels Präsident Isaac Herzog zum Ableben von Joe Lieberman: Er und das gesamte israelische Volk trauerten um den früheren Senator. »Meine Frau Michal und ich sind stolz darauf, ihn einen lieben Freund genannt zu haben, und ich habe mich oft auf seinen weisen Rat verlassen.«
»Joe war ein großer Staatsmann, ein wahrer Patriot und ein unerschütterlicher Freund des Volkes Israel«, schrieb Herzog auf X. »Sein Vermächtnis wird Pflichterfüllung und Hingabe an sein Land, seinen Glauben, sein Volk und seine Familie sein. Wir sprechen seiner lieben Frau Hadassah und seiner ganzen Familie unser tiefstes Beileid aus.«
»Jüdische Prinzipien«
Für den Jüdischen Weltkongress (WJC) erklärte dessen Präsident Ronald Lauder, die Organisation trauere aufgrund des Verlusts. Liebermans »Engagement für jüdische Prinzipien und seine unerschütterliche Unterstützung für den Kampf gegen Antisemitismus« hob Lauder hervor.
»Ich hatte das Privileg, Senator Lieberman persönlich zu kennen. Auch wenn wir uns möglicherweise nicht in allen Fragen einig waren, waren seine Integrität und sein Engagement für die jüdische Gemeinschaft und für die Stärkung der israelisch-amerikanischen Beziehungen wichtig«, so der WJC-Präsident, der Liebermans Familie sein tiefstes Beileid aussprach. »Möge sein Andenken ein Segen sein.«