FPÖ und AfD

»Jeden Kontakt vermeiden«

Maram Stern über den Umgang der jüdischen Gemeinschaft mit Rechtspopulisten

von Detlef David Kauschke  14.06.2016 11:41 Uhr

Maram Stern Foto: Marco Limberg

Maram Stern über den Umgang der jüdischen Gemeinschaft mit Rechtspopulisten

von Detlef David Kauschke  14.06.2016 11:41 Uhr

Herr Stern, Medien berichteten in der vergangenen Woche, die jüdische Gemeinde Österreichs wolle ihre Beziehungen zur FPÖ »normalisieren«, dann folgte das Dementi. Wie ist das zu verstehen?
Das eine sind Gerüchte, das andere ist Realität. Ich weiß, dass die Israelitische Kultusgemeinde Wien nicht mit der FPÖ zusammenkommt, und ich hoffe, dass es auch in Zukunft dabei bleiben wird. Ich bin grundsätzlich davon überzeugt, dass ein Dialog oder eine Kooperation mit rechtspopulistischen Parteien für uns Juden nicht gut ist. Wir sollten dies auf jeden Fall vermeiden.

Würde es die Situation ändern, wenn FPÖ-Kandidat Norbert Hofer Bundespräsident wäre?
Dies ist eine Frage, die wir uns bereits gestellt haben und auf die wir keine Antwort geben können. Wir können dem Gemeindevorstand nicht raten, sich nicht in der Wiener Hofburg sehen zu lassen. Doch der Bundespräsident hat ja eher repräsentative Aufgaben. Ihn in den Jahren seiner Amtszeit nicht zu sehen, wäre auch nicht so tragisch.

Es gibt jüdische Funktionäre sowohl in der FPÖ als auch in der AfD. Wie bewerten Sie diesen Umstand?
Opportunisten gibt es überall, jüdische und nichtjüdische. Wenn jemand glaubt, in diesen Parteien Karriere machen zu müssen, ist das seine Sache. Aber diese Leute repräsentieren als Juden nicht die jüdische Gemeinschaft.

Rechtspopulisten freuen sich in vielen Ländern Europas über Zulauf. Darf man den Wählerwillen außer Acht lassen?
Ich glaube schon. Wir müssen uns von solchen Parteien fernhalten, egal ob sie demokratisch gewählt sind oder nicht. Wir sollten höflich sein und bleiben, aber keine Nähe zu ihnen pflegen.

Europas Rechtspopulisten demonstrieren gerne ihre Nähe zu Israel. Warum?
Weil es für eine rechte Partei immer schick ist, zu zeigen, dass man für Israel ist. Aber viele Ideen dieser Parteien sind nicht mit unseren Grundwerten vereinbar. Sie glauben, so einen besseren Zugang zu den jüdischen Gemeinden bekommen oder ihr Image aufbessern zu können. Aber das ist nicht wirklich glaubwürdig.

Rechtspopulisten positionieren sich derzeit gegen den, wie sie es nennen, politischen Islam. Glauben Sie, dass das Judentum das nächste Feindbild werden könnte?
Absolut, das glaube ich schon. Das sieht man doch schon daran, dass die Rechtspopulisten in einigen Ländern Europas gegen elementare Grundregeln des Islam und des Judentums vorgehen, wie beispielsweise das Schächten und die Beschneidung.

Gibt es zum Umgang mit Rechtspopulisten eine einheitliche europäisch-jüdische Linie?
Ich versuche, diese Debatte zu führen. Doch jede jüdische Gemeinschaft ist unabhängig, und wir wollen und können weder Anweisungen noch Ratschläge erteilen.

Mit dem stellvertretenden Geschäftsführer des World Jewish Congress sprach Detlef David Kauschke.

Web

Schwarmintelligenz auf Abwegen

Alle benutzen Wikipedia, aber kaum einer weiß, dass es immer wieder Manipulationsversuche gibt. Auch bei Artikeln zum Thema Israel

von Hannah Persson  10.02.2025

Rassismus auf WhatsApp

Britischer Staatssekretär entlassen

Andrew Gwynne hatte sich über den »zu jüdisch« klingenden Namen eines Mannes lustig gemacht

 09.02.2025

USA

Der andere Babka-King

Chris Caresnone will Menschen zusammenbringen. Dazu probiert der Influencer live Gerichte aus. Die jüdische Küche hat es ihm besonders angetan. Ein Gespräch über Gefilte Fisch und Menschlichkeit

von Sophie Albers Ben Chamo  09.02.2025

Rom

Achtjähriger getreten, geschlagen und bedroht, weil er eine Kippa trug

Der Täter zückte einen abgebrochenen Flaschenhals, als die Mutter und eine Ladeninhaberin ihn aufhalten wollten

 07.02.2025

Brüssel

Kurswechsel in Belgien?

Am Montag vereidigte König Philippe die neue Föderalregierung unter Führung des flämischen Nationalisten Bart De Wever. Nicht nur im Hinblick auf Nahost dürfte sich einiges ändern

von Michael Thaidigsmann  04.02.2025

Angouleme

Charlie-Hebdo-Karikaturist für Comic über Nazi-Raubkunst geehrt

Nach der Terrorattacke auf sein Satire-Blatt vor zehn Jahren wurde Renald Luzier Comic-Buch-Autor

 03.02.2025

Berlin

Friedman: Totalitäre Regime verbreiten Fantasiegeschichten

Der Publizist sieht die westlichen Demokratien zunehmend unter Druck

 03.02.2025

Andorra

Kleiner, sicherer Hafen?

Die Toleranz hat Geschichte im Zwergstaat zwischen Frankreich und Spanien. Aber die jüdische Gemeinschaft darf keine erkennbare Synagoge haben

von Mark Feldon  02.02.2025

Italien

Kaffeeklatsch in Cinecittà

In den 50er- und 60er-Jahren kam Hollywood in die Ewige Stadt. Stars wie Marlon Brando, Audrey Hepburn und Charlie Chaplin zogen nach Rom. Ein neues Buch liefert den Tratsch dazu

von Sarah Thalia Pines  02.02.2025