Zwischen Zürich und dem österreichischen Hohenems liegen ungefähr 90 Kilometer. Sechs Schriftsteller aus Israel werden diese Distanz am kommenden Wochenende literarisch überbrücken, denn da findet ein gemeinsames israelisches Literaturfest statt – der Titel: »IsraeLiteratur«. Die Autoren Lizzie Doron, Eshkol Nevo, Assaf Gavron, Tomer Gardi, Sayed Kashua und Nir Baram lesen im Jüdischen Museum Hohenems sowie in Zürich im Literaturhaus und im Cabaret Voltaire aus ihren Büchern.
Omanut Veranstalter sind das Jüdische Museum Hohenems und Omanut, ein Verein zur Förderung jüdischer Kunst in der Schweiz, der Autorenverband Literatur Vorarlberg sowie die Zeitschrift Miromente. Der 1941 in Zürich gegründete Verein Omanut, dessen Ursprünge im Jugoslawien der 30er-Jahre liegen, befasst sich mit allen Sparten jüdischer Kultur: bildende Kunst, Film, Literatur, Musik und Theater. Vorstandsmitglied Michael Guggenheimer, der selbst schriftstellerisch arbeitet, rannte bei Museumschef Hanno Loewy in Hohenems und bei Omanut-Präsidentin Karen Roth-Krauthammer mit seiner Idee des Literaturfests offene Türen ein. »Wir wollten schon lange einmal etwas gemeinsam machen«, sagt Loewy.
Dass es eine Veranstaltung ist, bei der es um reflektiertes Nachdenken über den aktuellen Zustand Israels geht, passt vor allem auch zu der in Hohenems gerade mit großem Erfolg laufenden Ausstellung »Familienaufstellung. Israelische Porträts, Fotografien und Interviews«. Dort gehe es auch darum, israelische Araber nicht als »die Anderen« zu zeigen, sondern als Teil der Gesellschaft, sagt Loewy. Vielleicht auch deshalb wurde Sayed Kashua eingeladen, der bekannteste israelisch-arabische Autor.
kibbuz Weniger bekannt als Kashua, aber im innerisraelischen Dialog fast noch spektakulärer, ist der junge Israeli Tomer Gardi, der im Kibbuz Dan im Galil aufgewachsen ist. Er hat bereits einige Zeit in Berlin gelebt und versucht inzwischen sogar, auf Deutsch zu schreiben. In seinem Buch Stein. Papier arbeitet Gardi die verschüttete Geschichte rund um die Vorgänge von 1948 am Beispiel des geplanten Baus eines Museums in seinem Kibbuz auf und bricht mit gewissen Gründungsmythen Israels. Rechtzeitig zum Festival erscheint das Buch auf Deutsch.
Kürzlich auf Deutsch erschienen ist der Roman Auf fremdem Land von Assaf Gavron. Der 45-Jährige setzt sich darin mit der Gedankenwelt israelischer Siedler auseinander. »Im Grund sieht sich auch die jüngere Generation israelischer Schriftsteller als Moralisten wie vor ihnen schon Amos Oz, David Grossman oder andere«, sagt Loewy. Der Widerspruch zwischen dem moralisch-universellen Anspruch an Israel als »Licht unter den Völkern« und dem, was im rauen politischen Alltag des 21. Jahrhunderts daraus geworden sei, treibe sie um und bringe sie zum Schreiben.