Der antisemitische Vorstoß einer Regionalregierung ist vom Tisch: Österreichische Konsumenten koscheren Fleischs müssen sich auch in Zukunft nicht registrieren lassen. Dies sei »in keiner Weise mit dem Grundrecht der freien Religionsausübung vereinbar und daher auszuschließen«, unterstrich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Die bestehenden Gesetze zum Thema Schächten reichten aus.
Sobotka hatte sich am Donnerstag mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, zu einem Gespräch getroffen und danach erklärt, sie seien einer Meinung.
TIerschutz Auslöser des Treffens war ein Schreiben des niederösterreichischen Landesrats Gottfried Waldhäusl an die IKG. Der FPÖ-Politiker, der in seinem Bundesland auch für den Tierschutz zuständig ist, hatte gefordert, das Schächten künftig nur aus »zwingenden religiösen Gründen« zu erlauben und Einzelpersonen diesbezüglich zu überprüfen. In der Kultusgemeinde befürchtete man, dass künftig nur noch diejenigen Juden koscheres Fleisch kaufen dürfen, die zuvor namentlich erfasst worden sind und nachweisen könnten, dass sie immer koscher essen.
Jüdische Organisationen im In- und Ausland waren bestürzt über den Vorschlag. »Dass gerade in Österreich diskutiert wird, Juden zu registrieren, die koscheres Fleisch kaufen wollen, ist angesichts der Geschichte des Landes beschämend«, erklärte der stellvertretende Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses, Maram Stern. »Entweder ist dieser Vorschlag ausgesprochen töricht, oder er entspringt einem Gedankengut, das zuletzt vor 90 Jahren Regierungshandeln prägte und darauf abzielte, die freie Religionsausübung von Juden zu beschneiden.«
Am Freitag schaltete sich Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz in den Konflikt ein und erklärte: »Wir sind klar unseren jüdisch-christlichen Wurzeln verpflichtet und werden sie gegen jede Form von Angriff verteidigen.« Er sehe sich in der Verantwortung, so Kurz, »jüdisches Leben in unserem Land in Sicherheit und ohne Einschränkungen zu garantieren«. Als »Kopf der österreichischen Bundesregierung« sichere er dies den jüdischen Mitbürgern zu.
Nationalratspräsident Sobotka hatte am Donnerstag nach dem Gespräch mit IKG-Chef Deutsch »an alle Beteiligten appelliert, sich auf einer sachlichen Ebene mit diesem Thema auseinanderzusetzen«. Deutsch forderte daraufhin, »dass man die Agitation gegen das Schächten einstellt«, denn sie »erinnere an die Dämonisierung von Menschen«. ja