Im Wiener Maimonides-Zentrum wurde dieser Tage wieder geimpft: Zahlreiche Bewohner der jüdischen Pflegeeinrichtung, darunter Überlebende der Schoa, erhielten ihre zweite Impfdosis, einige Mitarbeiter und Angestellte die erste. Davon jedoch, wo man derzeit in Israel in puncto Impfung steht, ist man in Österreich noch weit entfernt.
Ende vergangener Woche ging Ariel Muzicant, Vizepräsident des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJC) und Ehrenpräsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), mit einem Vorstoß in die Öffentlichkeit – einem Vorstoß, der ebenso viel Kritik und Verwunderung erntete wie Zustimmung.
Charterflug Muzicants Plan: Mitglieder der IKG sollten via Charterflug nach Israel gebracht werden, dort noch vor der offiziellen Einreise am Flughafen Ben Gurion eine erste Impfdosis erhalten – und nach drei Wochen erneut nach Israel fliegen für die zweite Dosis.
Von einem »Plan« will Muzicant allerdings nicht sprechen. Der einzige Plan sei es, »Impfungen zu ermöglichen«, sagt er. Er »versuche, alles zu tun, die Menschen impfen zu lassen«. Es geht dabei um die Zielgruppe der 16- bis 65-Jährigen. Die älteren Gemeindemitglieder haben bereits überwiegend den vollen Impfschutz oder zumindest eine erste Dosis erhalten.
Bis Pessach, so wurde Muzicant zitiert, solle über die Charterflüge die gesamte jüdische Gemeinde Wiens geimpft werden.
Bis Pessach, so wurde Muzicant zitiert, solle über die Charterflüge die gesamte jüdische Gemeinde Wiens geimpft werden. Er habe seit November versucht, die Impfkampagne für Gemeindemitglieder zu beschleunigen, so Muzicant gegenüber der Jüdischen Allgemeinen. Mit, wie er sagt, bescheidenem Erfolg.
Aktuell ruhe das Vorhaben. Israel sei derzeit keine Option, »weil der Flughafen zu ist und auch dort Impfstoff knapp wird«. Seitens des israelischen Gesundheitsministeriums sei jedoch Bereitschaft da, zu klären gebe es aber rechtliche und logistische Fragen.
knappheit Die ethische Frage ist für Muzicant allerdings geklärt: »Jede geimpfte Person bedeutet eine Person weniger, die krank oder infiziert wird, und eine Person weniger, die geimpft werden muss in Europa – wo Knappheit an Impfstoffen herrscht.«
In puncto Impfung ist Österreich auch im europäischen Vergleich Problemzone. Laut dem Wiener Gesundheitsministerium haben gerade einmal knapp 500.000 Menschen eine Vollimmunisierung, also zwei Impfdosen, oder eine erste Dosis erhalten. Dies betreffe vor allem Personen aus der Hochrisikogruppe, also Personen in hohem Alter oder Bewohner von Altenpflegeheimen sowie das dortige Personal.
Immer wieder war die Impfkampagne allerdings ins Stocken geraten. Und all dies angesichts nicht sinkender Zahlen. Hatte sich die Inzidenz zwischenzeitlich bei um die 100 eingependelt, stieg sie zuletzt wieder auf 130.
mutationen Hinzu kommen Mutationen. Die britische ist mittlerweile vor allem im Osten Österreichs zur dominanten Variante geworden. Die südafrikanische scheint derzeit noch ein regionales Tiroler Problem zu sein.
Doch für die Impfkampagne könnte sie zum Fundamental-Risiko werden: Denn gegen diese Variante richten die existierenden Impfstoffe nur wenig aus. Damit ist die Impfkampagne in Österreich zum Rennen gegen die Zeit sowie die Ungeduld der Bevölkerung geworden.
Und diese Ungeduld hatte sich zuletzt auch darin geäußert, dass sich Bürgermeister, Prominente und Politiker diverser Ränge in der Impfreihenfolge vordrängten – zum Ärger der Wartenden.
Echo Muzicants Plan, Impfwillige auszufliegen, stößt nicht zuletzt deswegen gerade auch in der jüdischen Gemeinde auf ein geteiltes Echo. Seitens der IKG heißt es, man versuche derzeit auf vielerlei Ebenen, Impfstoff zu besorgen. Die Idee gehe auf genau dieses Bemühen Muzicants in dessen Funktion als EJC-Vizepräsident zurück. Da keine Details dazu bekannt seien, könne man eine solche Aktion aber weder einordnen noch bewerten.
Seitens der zuständigen Stellen in der Wiener Stadtregierung heißt es: Man wisse von diesen Plänen nichts und »begrüßt beziehungsweise unterstützt diese Aktion daher auch nicht«.
Muzicant weist dies zurück: »Die Stadt Wien hat mich gefragt, ob ich Impfstoff auftreiben kann.«