Griechenland

Holocaust auf Griechisch

Morden und plündern: SS-Kradschützen 1941 auf dem Weg nach Korinth Foto: ullstein

Die meisten deutschen Touristen wissen kaum etwas von den Greueltaten der Wehrmacht und der SS in Griechenland. Das Muster der Verbrechen zwischen 1940 und 1944 war stets gleich: Bei Verdacht der Kollaboration mit den Partisanen erschoss die Wehrmacht zufällig ausgewählte Zivilisten. In einigen Fällen wurden ganze Dörfer in Schutt und Asche gelegt und die Bevölkerung ermordet.

Die griechischen Juden hingegen wurden in der Regel nicht an Ort und Stelle ermordet, sondern festgenommen, in einem Durchgangslager konzentriert und anschließend nach Auschwitz verschleppt. Vermögen und Wertgegenstände wurden zugunsten »des Reichs« fortgeschafft, zum Teil griechischen Nachbarn überlassen.

Wehrmacht Jahrelang reiste der Historiker Christoph Schminck-Gustavus ins abgelegene Epírus-Gebirge und brachte die Menschen zum Reden über die Vergangenheit. Geduld und Einfühlungsvermögen zeichneten den Fragesteller aus. Durch ihn haben wir detaillegetreue Kenntnis über die Verbrechen in Griechenland, vor allem in Joánnina: Am 25. März 1944 umstellten Wehrmachtssoldaten das jüdische Wohnviertel der Stadt. Die Bewohner wurden zum Abtransport zusammengetrieben, 1.870 Menschen auf etwa 80 Lastwagen gezwängt und ins Durchgangslager nach Lárissa gebracht. Von da aus ging es in Viehwaggons in neuntägiger Fahrt nach Auschwitz. Im Bericht des Unteroffiziers Bergmayer heißt es: »Die griechische Bevölkerung ... sammelte sich in den Straßen der Stadt. Mit stiller Freude ... verfolgten sie den Auszug der Hebräer«.

Von den deportierten Juden Joánninas kamen nur 112 aus Auschwitz zurück. Weitere 69 Gemeindeangehörige, die entweder in den Bergen gekämpft oder sich versteckt hatten, kehrten nach der Befreiung in die Stadt zurück und mussten oftmals die Gerichte anrufen und jahrelang prozessieren, um ihr Eigentum, das sich der griechische Staat inzwischen angeeignet hatte, zurückzuerhalten.

Täter Schminck-Gustavus lässt den Leser an der Suche nach den Tätern teilhaben. Man fiebert mit dem investigativen Staatsanwalt mit, der seine Sache sehr ernst nimmt und dem Hauptverbrecher dicht auf den Fersen ist. Doch die Aufklärung läuft ins Leere: Der ermittelnde Staatsanwalt entpuppt sich als ehemaliger SA-Mann, der gegenüber dem Haupttäter Walter Blume erstaunliche Milde walten lässt.

Im August 1970 wird Blume mit der Begründung, es habe ihm an »Tatherrschaft und der Täterwille gefehlt«, außer Verfolgung gesetzt. Kurz darauf stellt das Landgericht Bremen das Verfahren ein, das längst zur juristischen Farce verkommen war. Individuelle Entschädigungen und moralische Wiedergutmachung ist den Opfern für all die Verbrechen in Griechenland nie geleistet worden.

Christoph U. Schminck-Gustavus: Winter in Griechenland. Krieg – Besatzung – Shoah 1940–1944. Wallstein, Göttingen 2010, 344 S., 29,90 €

Türkei

Berichte: Türkische Polizei verhaftet Mann, der Anschläge auf Juden plante

Der Tatverdächtige soll Befehle vom Islamischen Staat erhalten haben

 21.02.2025

London

Fasten und Beten gegen säkulare Bildung

Die ultraorthodoxe Gemeinde fürchtet die staatliche Kontrolle ihrer Schulen. Andere Juden finden gerade dies dringend nötig

von Daniel Zylbersztajn-Lewandowski  17.02.2025

Meinung

Wie das Ende eines Alptraums, der fünf Jahre gedauert hätte

Alon Ishay ist erleichtert, dass die Koalitionsgespräche der FPÖ vorerst gescheitert sind

von Alon Ishay  17.02.2025

USA

Die Hoffnung von San Francisco trägt Levi’s-Jeans

Dem beliebten Touristenziel geht es schlecht. Der Millionenerbe und Philanthrop Daniel Lurie soll es richten. Er ist der vierte jüdische Bürgermeister Westküstenmetropole

von Sarah Thalia Pines  16.02.2025

USA

Aus dem Schatten von Taylor Swift

Gracie Abramsʼ Stern scheint am Pophimmel gerade besonders hell. Das liegt nicht nur an ihrer besten Freundin

von Nicole Dreyfus  16.02.2025

Griechenland

Israelisches Paar in Athen angegriffen

Der Mann und die Frau sprachen auf der Straße Hebräisch – zwei arabischsprachige Männer attackierten sie mit einem Messer

 16.02.2025

Australien

Krankenpfleger drohen, israelische Patienten zu ermorden

Premierminister Anthony Albanese sagt, das Video sei »von Hass getrieben und widerlich.«

von Imanuel Marcus  14.02.2025

Polen

Ronald S. Lauder erhält Karski-Preis

Lauder wird für sein Engagement für die Erneuerung jüdischen Lebens in Polen und das Schoa-Gedenken geehrt

 13.02.2025

Künstliche Intelligenz

So Fake, aber so gut

Ein AI-generiertes, an den Antisemiten Kanye West adressiertes Video geht gerade viral. Und es ist eine Wohltat!

von Sophie Albers Ben Chamo  12.02.2025