Arizona

Hinrichtungen mit Zyklon B?

Ein deutscher Reporter inspiziert im Februar 1999 die Gaskammer in der Haftanstalt von Florence, Arizona. Foto: picture-alliance / dpa

Bevor die beiden Deutschen Karl und Walter LaGrand im US-Bundesstaat Arizona hingerichtet wurden, konnten sie sich die Tötungsmethode aussuchen: Giftspritze oder Gaskammer. Die LaGrand-Brüder waren wegen eines bewaffneten Banküberfalls, bei dem sie den Direktor der Bank erstochen hatten, zum Tode verurteilt worden.

GASKAMMER Während Karl LaGrand am 24. Februar 1999 mit einer tödlichen Injektion hingerichtet wurde, entschied sich sein Bruder für die andere Methode. Am 3. März 1999 starb Walter LaGrand in der Gaskammer der staatlichen Haftanstalt in Florence, südlich von Phoenix. Zeugen seiner Hinrichtung berichteten von einem langen und qualvollen Todeskampf.

Seitdem wurde in den USA keine Exekution mehr mit Giftgas vollstreckt. Vor LaGrand war in Arizona bislang ein weiterer Häftling in der 1949 erbauten Gaskammer hingerichtet worden. Insgesamt wurden in den USA nach dem Ende des Moratoriums in den 70er-Jahren elf Menschen durch Giftgas hingerichtet.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die umstrittene Hinrichtungsmethode in Arizona ist bislang aber nicht abgeschafft worden. Justizvollzugsbeamte in Florence wiesen jedoch darauf hin, dass nach dem aktuell geltenden Recht nur Todeskandidaten, deren Verbrechen vor dem 23. November 1992 begangen wurden, die Möglichkeit haben, sich für diese Form der Hinrichtung zu entscheiden.

RENOVIERUNG Jetzt sorgen Berichte für Empörung, denen zufolge die dortigen Behörden die Gaskammer vor kurzem renoviert haben, um sie auch künftig als Tötungsmethode einsetzen zu können. Noch pikanter: Künftig soll das im Zweiten Weltkrieg von NS-Deutschland zur Ermordung von Juden eingesetzte Blausäuregas Zyklon B in Arizona zum Einsatz kommen.

Der britische »Guardian« berichtete Ende Mai, man habe Dokumente eingesehen, die beweisen, dass die Gefängnisbehörde von Arizona mehr als 2000 Dollar für die Beschaffung der Bestandteile zur Herstellung von Zyanidgas ausgegeben habe. Im vergangenen Dezember habe Arizona einen Block Kaliumcyanid für 1530 Dollar sowie Natriumhydroxid-Pellets und Schwefelsäure eingekauft.

Zudem seien die Dichtungen an den Fenstern und der Tür der Gaskammer überprüft worden, so der »Guardian«. Anstelle der tödlichen Chemikalien sei bei den Tests Wasser verwendet worden, wobei eine Rauchgranate gezündet wurde, um das Gas zu simulieren.

Nicht nur jüdische Organisationen in den USA, sondern auch Überlebende der Schoa reagierten mit Schock. »Arizonas Entscheidung, Zyklon B als Hinrichtungsmethode einzusetzen, ist unglaublich«, erklärte das American Jewish Committee (AJC).

»Die Überlebenden des Holocaust und ihre Nachkommen sind entsetzt über diese Form der Hinrichtung«, betonte Janice Friebaum, Vizepräsidentin der Phoenix Holocaust Association, eines Vereins, der die Erlebnisse von Überlebenden der Schoa dokumentiert. Die Gaskammern seien schließlich eine unmenschliche Erfindung der Nazis gewesen, wurde Friebaum von »NBC News« zitiert. Mit dem Einsatz von Zyklon B »sagt man im Prinzip, dass das, was die Nazis gemacht haben, okay war«, so Friebaum.

PLÄNE Ein Sprecher von Arizonas republikanischem Gouverneur Doug Ducey sagte dagegen der Nachrichtenagentur »Associated Press«,  er werde »dem Recht folgen, wie es in der Verfassung Arizonas geschrieben steht«. Das Büro des Generalstaatsanwalts Mark Brnovich, ebenfalls ein Republikaner, teilte »NBC News« mit, man wolle die »verfassungsmäßige Verpflichtung erfüllen, rechtmäßig ergangene Gerichtsurteile auszuführen und so den Familien der Opfer Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.«

Brnovich hat bereits angekündigt, dass er in den kommenden zwei Jahren alle 21 Todeskandidaten hinrichten lassen wolle, deren Berufungsverfahren bereits erschöpft sind. Bereits im April hatte er beim Obersten Gerichtshof Arizonas Hinrichtungsbefehle für zwei Männer beantragt, die wegen Morden vor 1992 im Todestrakt sitzen. Für sie kommt also theoretisch die Exekution in der renovierten Gaskammer in Frage.

Seit 2014, als Joseph Wood Zeugenberichten bei seiner Hinrichtung mit einem Giftcocktail qualvoll starb, hat Arizona keine Todesurteile mehr vollstreckt. mth

Schweden

Trauer um Zeitzeugen Walter Frankenstein

Der gebürtige Berliner überlebte den Holocaust in der Illegalität

 22.04.2025

USA

Der Lautsprecher

Howard Lutnick gibt sich als Architekt der amerikanischen Zollpolitik. Doch der Handelsminister macht sich mit seiner aggressiven Art im Weißen Haus zunehmend Feinde

von Sebastian Moll  18.04.2025

Ungarn

Die unmögliche Geige

Dies ist die zutiefst berührende Geschichte eines Musikinstruments, das im Todeslager Dachau gebaut und 70 Jahre später am Balaton wiedergefunden wurde

von György Polgár  17.04.2025

Medien

Noa Argamani ist auf der »Time 100«-Liste

Alljährlich präsentiert das »Time Magazine« die 100 einflussreichsten Menschen der Welt. 2025 ist auch eine freigelassene israelische Geisel dabei

 17.04.2025

USA

Neuauflage von Weinstein-Prozess startet

Vor gut einem Jahr überraschte ein Gericht in New York die Welt und hob das historische Vergewaltigungsurteil gegen Harvey Weinstein auf. Nun wird über die Vorwürfe erneut verhandelt

von Benno Schwinghammer  14.04.2025

Türkei

Die Optimistin

Liz Behmoaras schrieb über das jüdische Leben im Land – und für das Miteinander. Ein Nachruf

von Corry Guttstadt  14.04.2025

Ägypten

Gefährliches Paradies

Der Sinai ist einer der wenigen Urlaubsorte im Ausland, den Israelis auf dem Landweg erreichen können. Gern auch zu Pessach. Aber zu welchem Preis?

von Matthis Kattnig  11.04.2025

Feiertag

Putzen, Plagen, Playmobil

Neben Mazza und Haggada bietet Pessach Raum für ganz neue, individuelle Rituale. Wir haben uns in sieben Familien in Europa und Israel umgehört

von Nicole Dreyfus  11.04.2025

Israel-Boykott

Johnny Rotten nennt Hamas »einen Haufen von ›Judenvernichtern‹ «

Eine irische Zeitung hat versucht, den Ur-Punk Johnny Rotten vorzuführen, der sich kraftvoll gegen einen Boykott Israels wehrt. Das ging gründlich schief

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025