Artemis Alcalay hat unter Druck gearbeitet. Vor Kurzem hat die Malerin ein Projekt abgeschlossen, mit dem sie sich fast ein Jahrzehnt lang beschäftigt hatte. Seit 2012 hat sie griechische Schoa-Überlebende fotografiert. Sie reiste durch ganz Griechenland und um die halbe Welt für ein Foto und ein Statement, das auf Video aufgenommen wurde.
Wegen der Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen musste sie das Projekt früher beenden, als sie ursprünglich geplant hatte. Denn zu groß war die Sorge, der direkte Kontakt zu den Überlebenden könne vielleicht nicht mehr möglich sein, wenn die Pandemie eines Tages endlich vorbei sein wird und man jederzeit wieder überall hinreisen kann.
galerie Nun hat sich Artemis Alcalay zusammen mit ihrer Kuratorin, der Kunsthistorikerin Eugenia Alexaki, entschlossen, die Porträts nicht nur in einer Galerie, sondern auch online auszustellen. Entstanden sind 67 Bilder von Überlebenden der Todeslager der Nazis, 60 davon werden nun veröffentlicht. Es sind Fotografien von Menschen, die mit dem Porträt die Herrschaft über die eigene Erinnerung demonstrieren.
Alcalay hat auf einfühlsame Weise jede porträtierte Person bestimmen lassen, wie sie sich darstellt und welche Geschichte sie in dem Videoclip erzählen möchte.
Alcalay hat auf einfühlsame Weise jede porträtierte Person bestimmen lassen, wie sie sich darstellt und welche Geschichte sie in dem Videoclip erzählen möchte. »Die Würde der Menschen stand immer im Vordergrund«, erklärt die Künstlerin. Alle ihre Modelle konnten über das reden, was sie selbst wollten. Alcalay stellte Fragen, aber hielt sich zurück, drängte die Gespräche nicht in bestimmte Richtungen.
Einige Überlebende sprechen über die Lager, andere über ihr Leben davor, wieder andere über die Zeit nach der Schoa. Sie sollten selbst bestimmen, wie sich die Welt an sie erinnern soll. Alcalay möchte die Rolle, die sie bei dem Projekt spielte, klein halten. Und doch ist es die nuancierte Perspektive der Malerin, die mit der Kamera unschätzbar wertvolles Material für die Geschichtsschreibung und das historische Gedächtnis gesammelt hat.
ZUSTIMMUNG Einige Fotos kann Alcalay (noch) nicht zeigen, weil die Porträtierten mittlerweile gestorben sind und sie nach den Angehörigen sucht. Ohne deren Zustimmung veröffentlicht sie kein Foto und kein Videostatement. Dies hat sie sich zur Regel gemacht. Bei Porträtfotografen fließt normalerweise die eigene Sicht auf die Person mit ins Bild ein. Alcalay versucht ganz bewusst, dies zu vermeiden. Ihre Ausstellung hat damit auch kunsthistorische Bedeutung.
Für Griechenland, wo bis heute viele Zeitgenossen wenig von der Schoa wissen, kann nicht hoch genug veranschlagt werden, welchen immensen Beitrag die Ausstellung für die Aufklärung und Erinnerung leistet.
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