Zum ersten Mal hat sich ein Mitglied der jüdischen Gemeinde in Kuba in einem ausländischen Medium ausführlich geäußert. David Prinstein, der stellvertretende Vorsitzende des »Hauses der Hebräischen Gemeinde Kubas«, kündigte in einem Interview mit der jüdischen Nachrichtenagentur Agencia Judía de Noticias (AJN) an, dass die Gemeinschaft künftig stärker in die Aktivitäten des lateinamerikanischen Judentums einbezogen werden möchte. »Die Gemeinde entwickelt sich ständig weiter«, sagte Prinstein. Um diese Teilnahme weiter zu intensivieren, bräuchten die Mitglieder der größten Karibikinsel jedoch Unterstützung und Hilfe von außen. Ein erster Schritt sei kürzlich der offizielle Besuch von Vertretern des Lateinamerikanischen Jüdischen Kongresses (CJL) gewesen, so Prinstein.
Wichtigstes Gesprächsthema zwischen den Vertretern der lateinamerikanischen und kubanischen Juden sei die Beteiligung an internationalen Aktivitäten und Treffen gewesen. Vor allem »brauchen wir Unterstützung, um an den Veranstaltungen auf internationaler Ebene teilnehmen zu können«, sagte Prinstein. In einigen Ländern Mittel- und Südamerikas gibt es zum Beispiel für kubanische Staatsbürger Einreisebeschränkungen, die die Teilnahme einer Delegation des Zentralverbandes der Juden an einem Lateinamerika-Treffen habe scheitern lassen. Dort sei künftig Hilfe nötig.
Projekte Für dieses Jahr seien bereits Projekte in Planung, um Kuba weiter in die jüdische Welt zu integrieren. Dazu gehört, dass der erste lateinamerikanische Jugendkongress auf der Karibikinsel stattfinden wird. Für Mai und Juni sind in Kuba Workshops mit jüdischen Tänzen geplant.
Für die Juden des Landes sei der Besuch des CJL wichtig und wegweisend gewesen, sagte Prinstein. Die Delegationsmitglieder hätten eine Gemeinde erleben können, »die in ständiger Entwicklung und Bewegung ist«. Diesen Eindruck habe man verstärken können, indem die Delegationsmitglieder verschiedene Synagogen besuchten.
Zahlen Der jüdischen Gemeinschaft auf Kuba gehören derzeit rund 1300 Mitglieder in acht Städten an. Die meisten, rund 500 Familien, leben in der Hauptstadt Havanna. Es gibt insgesamt vier Synagogen, zwei sefardische und zwei aschkenasische.
Die CJL-Delegation traf auch mit Vertretern des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas zusammen und sprach mit Regierungsmitgliedern. Die Besucher seien »beeindruckt gewesen von der Unterstützung, die die jüdische Gemeinschaft von der Regierung bekomme«, sagte Prinstein. Das Treffen sei »sehr angenehm, offen, aufrichtig und in ruhiger Atmosphäre« verlaufen. Der CJL wisse, sagte Prinstein sehr diplomatisch, »dass es in einem Land, in dem die Gemeinde geschützt ist, keinen Antisemitismus gebe« und die Juden »ihre Identität frei leben können«.
Was für den Antisemitismus gelten mag, war im Bereich der freien und uneingeschränkten Religionsausübung nicht immer so. Es gab Zeiten für die jüdischen Kubaner, in denen der Staat die Mitgliedschaft in Gemeinden nicht gerne sah. In der Zeit des Jom-Kippur-Kriegs 1973 brach Kuba sogar, wie andere Staaten des Ostblocks auch, die diplomatischen Beziehungen zu Israel ab. Sie sind bis heute nicht wieder aufgenommen worden.
Alija Seit dem Gottesdienstbesuch von Staatschef Fidel Castro in den 90er-Jahren im Beth-Schalom-Gemeindehaus in Havanna hat sich das Verhältnis zwischen Staat und Juden verbessert, und es gibt auch keine Restriktionen für die Unterstützung der Gemeinden durch jüdische Organisationen im Ausland. Zudem werden Gemeindemitgliedern, die Alija machen wollen, keine Steine mehr in den Weg gelegt.
Inzwischen allerdings seien es die Gemeinden, denen die Auswanderung nach Israel Sorge bereite, sagt Prinstein. Viele sähen die Alija als Bedrohung und fürchteten, dass die Synagogen ohne Beter zurückblieben – und das in einem Moment, da das Gemeindeleben gerade wachse, »auch wenn die Mitgliederzahl zurückgegangen ist«.