Der Präsident der jüdischen Gemeinden in Chile, Gabriel Zaliasnik, hat in den vergangenen Wochen eine Serie von Drohbriefen erhalten. So wurde ihm in einer E-Mail mitgeteilt, dass er und seine Familie unter Beobachtung stünden. Gegenüber dem Wohnhaus des Rechtsanwalts und Juraprofessors schmierten Unbekannte antisemitische Parolen. Außerdem erhielt der Funktionär anonyme Telefonanrufe und E-Mails mit Sätzen wie »Wir bringen dich jüdischen Bastard um«.
Drohbriefe Neben Zaliasnik haben auch andere führende Repräsentanten der Comunidad Judía en Chile, in der rund 21.000 Juden zusammengeschlossen sind, Drohbriefe bekommen, so zum Beispiel Mario Waissbluth von der Bildungsinitiative Grupo Educación 2020, und Hernán Levy, ein Verwandter des chilenischen Staatspräsidenten Sebastián Piñera und namhafter Unternehmer. »Hinzu kommen Schmierereien an jüdischen Schulen und Synagogen in Santiago und anderen Regionen des Landes«, sagt Daniel Farcas, Vizepräsident der chilenischen Juden. Man sei »sehr besorgt und alarmiert«, betont Farcas, werde das Gemeindeleben aber ganz normal weiterführen.
Farcas und seine Kollegen vom Vorstand der Comunidad Judía appellieren an den Staat, alles zu unternehmen, um die Sicherheit der chilenischen Juden zu garantieren. »Wer von Feinden angegriffen wird, erwartet, dass seine Freunde reagieren.« Den Anstieg der antisemitischen Drohungen bringt die jüdische Dachorganisation des Landes auch mit der ausufernden Kritik an Israel und der »unverständlichen Toleranz Neonazigruppen« gegenüber in Zusammenhang.
Festnahme Inzwischen hat die chilenische Staatsanwaltschaft und die Internetbrigade der Polizei erstmals einen Verantwortlichen festgenommen: Alexis López Tapia, Chef der Bewegung Movimiento Patria Nueva Sociedad (PNS). Der Antisemit ist für seine Drohungen gegen Chiles Juden bekannt, er wurde als Urheber der E-Mails ermittelt und inhaftiert.
Auch im Nachbarland Argentinien haben im vergangenen Monat antisemitische Farbschmierereien sowie Drohungen gegen Institutionen der jüdischen Gemeinde zugenommen. »Wir sind sehr beunruhigt«, sagte Aldo Donzis, der Präsident der Delegación de Asociaciones Israelitas Argentinas (DAIA) einer spanischsprachigen jüdischen Nachrichtenagentur, »auch wenn es aufgrund der unkonkreten Drohungen keinen Grund zur Panik gibt.« Nach Donzis’ Ansicht stehen die Ereignisse in Chile und Argentinien in direktem Zusammenhang. Die Naziorganisationen beider Länder unterhielten enge Verbindungen miteinander. Dies sei durch ihre Reiseaktivitäten ebenso belegt wie die der arabischen Aktivisten.