Mit Thanos Plevris hat Griechenland seit einigen Wochen einen Gesundheitsminister, dessen antisemitische Vergangenheit nicht zu leugnen ist. Kurz nach Plevris’ Amtsantritt äußerte der Zentralrat der Juden in Griechenland seine Besorgnis und forderte den neuen Minister auf, sich ausdrücklich vom Antisemitismus zu distanzieren.
Als Strafverteidiger hatte Plevris 2009 in einem aufsehenerregenden Prozess das antisemitische Pamphlet seines Vaters, des Holocaust-Befürworters Konstantinos Plevris, verteidigt und dem Gericht erklärt, warum es völlig rechtens sei, wenn sein Vater andere Menschen ausrotten will.
auschwitz Plevris sagte damals zu den Richtern: »Gehen wir davon aus, dass der Angeklagte meint: ›Halten Sie das Lager Auschwitz in einem guten Zustand, denn ich will, dass irgendwann das nationalsozialistische Regime zurückkommt, Hitler zurückkommt, die Juden holt und nach Auschwitz bringt.‹ Warum soll das eine Form von Anstiftung sein? Was für eine Aufstachelung? Darf man also nicht glauben und glauben wollen: ›Ich will jemanden ausrotten‹?«
Der Zentralrat forderte, »dass sich Herr Thanos Plevris beim jüdischen Volk für diese Äußerung entschuldigt und seine unmissverständliche Verurteilung von Intoleranz, Antisemitismus und Holocaust-Leugnern im Einklang mit den erklärten Positionen des griechischen Premierministers ausdrückt«. Der Zentralrat hoffe, »dass der neue Minister alle Bürger gleich behandeln wird, unabhängig von Hautfarbe, Rasse oder Religion«.
Nationalsozialismus Bei der Verteidigung seines Vaters war Plevris 2009 so weit gegangen, zu sagen: »Kann es möglich sein, dass eine demokratische Gesellschaft irgendjemandem verbieten kann, den Nationalsozialismus zu propagieren?«
Im Berufungsprozess hatte Plevris’ Vater Erfolg: Er wurde freigesprochen. Diejenigen, die ihn angezeigt hatten, darunter der frühere Zentralratschef Moisis Konstantinis, standen danach mit dem Vorwurf der »falschen Verdächtigung« vor Gericht. Thanos Plevris jubelte damals, dass mit dem Urteil die Meinungsfreiheit gesiegt habe.
Auf die jüngste Kritik des Zentralrats reagierte Plevris mit einer halbherzigen Entschuldigung – für den Fall, dass er Juden beleidigt habe. Er gestand ein, dass seine Verteidigung des Pamphlets seines Vaters zu Recht verstören würde. Bereits 2017 hatte Plevris eine frühere, ebenfalls vom Zentralrat kritisierte Holocaust-Relativierung korrigiert und die Schoa als historische Tatsache anerkannt. Bei seinen Unterstützern löste seine Entschuldigung jedoch einen Shitstorm in den sozialen Netzwerken aus – sie sahen sich verraten.
Karriere Plevris’ politische Karriere begann als Parlamentarier der rechtspopulistischen Partei LAOS (»Orthodoxer Volksalarm«). Für sie kam er 2007 ins griechische Parlament und 2009 ins Europaparlament. Von 2004 bis 2015 war auch sein Vater Mitglied dieser Partei und trat mehrfach als Kandidat für Parlaments- und Europawahlen an. 2012 verließ Thanos Plevris die Partei und schloss sich der liberal-konservativen Nea Dimokratia an. Für diese kam er als Nachrücker 2014 kurzzeitig ins Parlament und errang 2019 bei den Wahlen erneut einen Sitz.
Die LAOS-Partei positionierte sich bereits bei ihrem Gründungskongress im Jahr 2000 eindeutig antisemitisch: »für ein Parlament ohne Freimaurer, ohne Homosexuelle, ohne vom Zionismus Abhängige«. Dass Thanos Plevris ins neue Kabinett berufen wurde, feiert LAOS-Chef Georgios Karatzaferis als Erfolg. Außer Plevris sitzen zwei weitere frühere LAOS-Spitzenpolitiker in der neuen Regierung: Adonis Georgiadis (Wirtschaft) und Makis Voridis (Inneres).