Am Europäischen Tag der Jüdischen Kultur, der in diesem Jahr am 29. September in rund 30 Ländern Europas begangen wird, steht die Natur im Fokus. Luxemburg, das Kernland Europas, nimmt seit 2002 im Abstand von zwei Jahren an diesem Kulturtag teil. Die Idee dazu entstand Ende der 90er-Jahre rund um die Organisation B’nai B’rith Europe in der Nähe von Straßburg. Ziel war es, an das kulturelle jüdische Erbe zu erinnern und es zu bewahren. Zugleich sollte die Veranstaltung Nichtjuden mit jüdischen Bräuchen und Traditionen in Berührung bringen.
Die Programme in Luxemburg, der angrenzenden französischen Region Lothringen, aber auch die der europäischen Metropolen Straßburg und Brüssel erfüllen zweifellos diesen Anspruch. Doch muten viele Events etwas verstaubt an. In erster Linie sind es Führungen durch die lokalen Synagogen, liturgische Konzerte, Friedhofsbesuche oder Stadtführungen »auf den Spuren jüdischen Lebens« – wie etwa durch Straßburg. Daneben lassen viele Synagogen, wie etwa die in der Hauptstadt Luxemburg, ihre Sukka stehen und laden zu einer Besichtigung ein. Die Gemeinden setzen darauf, dass sich den Besuchern die Bedeutung der Natur im Judentum über die Laubhütten erschließt.
respekt »An Sukkot sollen sich die Menschen auf eine ihrer grundlegenden Aufgaben zurückbesinnen: die Befriedung und der Respekt vor der Natur«, sagte Alain Nacache, der Oberrabbiner von Luxemburg-Stadt, bei der Vorstellung des Kulturtagsprogramms. Der Präsident des israelitischen Konsistoriums, François Moyse, hob hervor, dass die Sukka ein sehr starkes Symbol ist, die sinnbildlich für die Beziehung des Judentums zur Natur stehe. Daher habe man sich dazu entschlossen, die Sukka auch nach dem Laubhüttenfest stehen zu lassen, sodass die Besucher sie besichtigen können.
Die an Luxemburg grenzende französische Stadt Metz, in der es eine große jüdische Gemeinde gibt, öffnet bereits zwei Tage im Voraus, am 27. September, ihren Botanischen Garten und läutet damit gewissermaßen den Beginn der Europäischen Kulturtage ein. Das bunte Programm bildet im Vergleich zu dem vieler kleiner Städte und Gemeinden in Lothringen, der Moselregion und im Elsass einen erfrischenden Kontrast. Unter dem Titel »Origines & Itinéraires« werden in den städtischen Archiven, der Universitätsbibliothek und dem Musée de La Cour d’Or drei Ausstellungen des Fotografen Michel Kirch gezeigt.
klimawandel Daneben bietet Metz auch noch im Oktober und November ein lebendiges jüdisches Kulturprogramm: etwa mit »Padam Padam«, einer musikalischen Chansondarbietung von Isabelle Georges am 20. Oktober. Oder am 17. November mit Liedern aus der jüdischen Welt, vorgetragen von der Gruppe »Goldene Pave«. Zudem soll am 1. Dezember im Metzer Rathaus unter dem Motto »Die Natur als Erbe: die Welt bewohnen« eine Tagung mit Vorträgen rund um den Klimawandel stattfinden.
Die europäischen Metropolen Brüssel, Straßburg und Luxemburg halten ihr Programm hingegen eher klassisch. In Luxemburg besteht am 29. September die Möglichkeit, an Besuchen der jüdischen Friedhöfe in Clausen und Grevenmacher teilzunehmen, und es gibt Synagogenführungen. Der Kulturtag wird abgeschlossen durch zwei Konzerte in der Synagoge, die damit zugleich ihren 60. Geburtstag feiert. »Wir zeigen gern, was wir als jüdisches Erbe haben«, sagt Konsistoriums-Chef Moyse. Er hofft, »dass viele Menschen die Möglichkeit nutzen, etwas Neues über das Judentum und die jüdischen Feste zu lernen, damit die Verständigung untereinander wächst«.
Auch in diesem Jahr dürfte sich der Europäische Tag der Jüdischen Kultur für jüngere Generationen wohl eher nicht als Publikumsmagnet erweisen. Allerdings ist auch für diese Zielgruppe die eine oder andere Überraschung geplant – wie etwa eine neue App, die unter dem Stichwort »Patrimoine juif« auf die 150 größten Webseiten des kulturellen jüdischen Erbes in Europa verweist. Wer sie sich herunterlädt, kann mit seinem Smartphone Infos und Termine rund um Veranstaltungen der Gemeinden in weiten Teilen Frankreichs abrufen.